Teil I - Der erste Schritt

Schreiben ist ein wundervolles und viel zu seltenes Talent. Kaum eine andere kreative Tätigkeit weist so viele verschiedene Facetten auf. Das Schreiben an sich kann einen so verzehren, einen so in die eigene Welt versinken lassen, daß man meinen könnte, die Geschichte an sich, die man erzählt, sie allein zählt.
Doch dies ist ein Irrtum. So banal und schnöde es klingen mag: sobald man in Erwägung zieht, eine in wochenlanger Arbeit geschriebene Geschichte zu veröffentlichen, kommen knallharte marktwirtschaftliche und verlagstechniche Aspekte ins Spiel, die so manchem Autor unsinnig erscheinen mögen. Aber jeder Autor ist auf den Verlag angewiesen. Ohne Verlage gäbe es keine Möglichkeit, eine Geschichte einem breiterem Publikum zugänglich zu machen, und die Verlage bieten letztlich auch die einzige Möglichkeit, mit seinem Talent ein wenig oder auch sehr viel Geld zu verdienen.
Was ist aber nun zu beachten, wenn man vorhat, eine Geschichte in Manuskriptform zu verfassen? Welche besonderen Regeln gelten hier? Wer denkt, es reiche schon aus, eine lose Zettelsammlung an einen Verlag zu schicken, irrt leider. Dieser Ratgeber möchte hier ansetzen und ein wenig Licht ins Dunkel bringen.

Zuallererst sollte man sich darüber bewußt werden, daß man, sobald man etwas professionell veröffentlichen möchte, für den imaginären Leser da draußen schreibt. Denn darum dreht es sich: ein Verlag muß davon überzeugt sein, daß sich das angebotene Werk auch ansprechend verkaufen wird. Künstlerischer Anspruch ist natürlich auch wichtig, aber er allein reicht nicht aus.

Wer nun schon ein Manuskript hat, und an eine Veröffentlichung denkt, der wird irgendwann den ersten Schritt tun und es Freunden oder Verwandten zum ersten Lesen geben. Aufgeregt wartet man auf Reaktionen. War all die Mühe vergebens? Gefällt das Werk?
Diese ersten Reaktionen sind aber nicht unbedingt und immer die besten. Zwar erfolgt der Gedankenaustausch mit Freunden und Verwandten immer sehr herzlich und freundlich, aber unbefangen und kompetent ist er meist leider nicht. Manchmal kann es sogar vorkommen, daß Neid in dem einen oder anderen Testleser hockommt, was dann das abgegebene Urteil beeinflußt. Ehrliche Kritik wird von Freunden und Verwandten meist nicht geübt.

Wie viele Autoren aber brüten vollends im stillen Kämmerlein vor sich hin und zeigen niemandem ihre Werke? Sei es aus Angst vor Kritik, oder aus Unsicherheit sich zu blamieren oder einfach nur abgelehnt zu werden. Wie oft zweifelt man am eigenen Können?

Da bietet der Versand eines Manuskriptes an einen Verlag einen absolut sicheren und anonymen Weg. Der Versand ist absolut legitim und üblich, man muß sich auch nicht dafür bei dem Verlag rechtfertigen. Der Versand ist absolut unverbindlich und verpflichtet zu nichts, weder den Verlag noch den Autor. Darüberhinaus bietet der Postweg die nötige Distanz für den Autor, der lieber erst mal für sich allein zu Hause arbeiten möchte.

Der erste dem Autor wirklich fremde Leser, der das Manuskript durchsichten soll, wird somit derjenige im Verlag sein, der die eingesandten Manuskripte im Verlag entgegennimmt.
Und hier spielt das äußere Erscheinungsbild des Manuskriptes eine wichtige Rolle. Leider ist das Vorurteil weit verbreitet, daß jemand, der ein schlampig aussehendes Manuskript anbietet, wohl auch ein stümperhafter Schreiber sein muß.
Dabei sind es nur Kleinigkeiten, die beim äußeren Erscheinungsbild beachtet werden müssen, und die dann später vielleicht den Ausschlag geben können, ob die erste Hürde überwunden wird, und das Manuskript nicht etwa schon aus formellen Gründen zurückgeschickt wird.
Denn gerade im Verlagswesen besteht eine enge Bindung zwischen Form und Inhalt. Lektoren und andere Sachbearbeiter eines Verlages schätzen "ästhetisch runde" Werke.
Man sollte als Autor deshalb auch versuchen, auf die Bedürfnisse und Vorlieben des Lektors einzugehen. Keine leichte Aufgabe immer.

Doch es existieren einige Regeln und Grundsätze, die man befolgen sollte, wenn man mit einem Manuskript bei einem Verlag die ersten Hürden überwinden möchte. In den folgenden Teilen des Ratgebers werden diese Regeln vorgestellt. Und über allem sollte man nie den imaginären Leser vergessen, der eines Tages den Roman oder den Gedichtband in den Händen halten soll.
Wer dies berücksichtigt, erhöht seine Anfangschancen in jedem Fall.