© der Geschichte: Thomas Otto. Nicht unerlaubt
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Lazarus

"Die Schilde versagen!" O'Brien versuchte, Energie aus anderen Systemen abzuzweigen, als er plötzlich aus seinem Stuhl geworfen wurde. Die Trägheitsdämpfer der Defiant waren gerade ausgefallen.
Sisko klammerte sich an seinen Kommandantensessel fest. Fieberhaft suchte er nach einer Lösung. Die Jem'Hadar Schiffe waren bedrohlich nahe auf dem Schirm sichtbar.
"Captain, ich schlage vor..." Dax wurde unterbrochen, als eine weitere Salve die Defiant erschütterte. Eine Energientladung aus der Navigationskonsole traf sie und ließ sie bewußtlos zu Boden fallen.
"Chief, die Schilde!?" Sisko hatte keine Zeit, sich um Dax zu kümmern.
O'Brien hatte sich wieder hochgezerrt. Er schüttelte den Kopf. "Keine Chance, Captain. Jetzt sind auch noch die Phaser ausgefallen!"
Sisko faßte einen Entschluß. "Wir ziehen uns zurück."
"Zurückziehen?", Major Kira versuchte die Fassung zu wahren. Sie hatte schon oft gekämpft. Sie hatte sich sogar schon in schlimmeren Situationen befunden nur, daß ihr jetzt keine einfallen wollte. "Die Jem'Hadar Schiffe sind gewiß genauso schnell wie wir?"
Sisko schaute zu seiner ersten Offizierin hinüber. Sein Entschluß war riskant, er wußte es. Aber es war ihre letzte Chance. "O'Brien, haben wir Energie für die Warptriebwerke?"
"Waru....", der Chief hielt kurz inne. Jetzt war nicht die Zeit, zu diskutieren. "Ich müßte Energie aus der Lebenserhaltung umleiten."
"Tun sie's."
"Captain, was haben sie vor? Wir sind von Schiffen umringt. Wir können uns den Weg nicht freischießen!", rief Major Kira über den Lärm auf der Brücke hinweg.
Sisko blickte sie an. Ein weiterer Treffer ließ das Schiff aufstöhnen. "Wir werden in Warp springen. Wir müssen...." Er wurde von O'Brien unterbrochen.
"Captain, wir können in Warp gehen!"
Sisko begab sich an die Navigationskonsole. Es fiel ihm schwer, sich auf den Beinen zu halten, als die Defiant erneut erzitterte. Er gab neue Koordinaten ein und hoffte nur, daß sie mit keinem der Jem'Hadar Schiffe zusammenstoßen würden. Und wenn doch... Sisko verdrängte diesen Gedanken. "Chief, wieviel können sie mir geben sagen wir, für sechs Minuten?"
"Maximal Warp 5!"
Sisko nickte. Es könnte reichen. Er betätigte das Interkom. "Hier spricht der Captain. Alle Mann: bereiten sie sich auf einen Warpimpuls vor." Sisko setzte sich auf Lieutenant Dax' Stuhl. Die junge Frau lag immer noch leblos auf dem Boden. "Energie!"
Die Warptriebwerke der Defiant glühten kurz auf und das Schiff schien sich scheinbar in die Länge zu ziehen, als es mit 214facher Lichtgeschwindigkeit aus der Reichweite der Jem'Hadar verschwand.
"Captain! Wir haben ein Pro...." O'Brien sollte den Satz nie beenden. Vor der Defiant öffnete sich eine Raumanomalie. Allerdings nicht das ersehnte Wurmloch, das sie zurück zu DS9 bringen sollte, sondern ein Schwarzes Loch, welches das Schiff mit seiner Crew verschlang, ehe noch jemand reagieren konnte.

Es war ein langer Tag für Julian Bashir gewesen. Seit einer Woche nun grassierte auf Bajor eine Grippewelle und die Zahl der Neuerkrankungen nahm nur langsam ab. Er und sein Team hatten die letzten Tage beinahe ununterbrochen auf Bajor ihr bestes getan, um nichts schlimmeres geschehen zu lassen. Bashir hatte gerade ein 8jähriges Kind behandelt und wollte sich in die medizinischen Unterkünfte begeben, als sein Kommunikator ansprach. "DS9 an Dr. Bashir", drang Constable Odos Stimme aus dem Combadge. Bashir atmete kurz durch. Was konnte es denn jetzt noch geben? Er konnte kaum noch die Augen offenhalten und wünschte sich nichts mehr als ein weiches Bett. "Hier Dr. Bashir... was gibt es?", erwiderte der Arzt etwas mißmutig den Ruf.
"Doktor," meldete sich Odo, "es....", der Formwandler zögerte kurz und Bashir stutzte. Odo war doch sonst nie um Worte verlegen. "es hat einen Unfall gegeben. Sie sollten sofort nach DS9 zurückkehren."
"Ein Unfall? Ist es so schlimm, daß ich Bajor wirklich verlassen muß?" Bashir verabschiedete sich in Gedanken von seinem Bett.
"Ja. Ich habe dem Shuttlepiloten auf Bajor bereits mitgeteilt, daß er sie von ihrer Position abholen soll."
"Was ist denn geschehen?" Bashir wurde leicht unwohl.
"Die Defiant ist verschollen."

Die OPS erschien auf seltsame Weise leer. Natürlich war jede Position besetzt. Doch wo sonst Dax, Kira und O'Brien an ihren Stationen saßen, befand sich nun die Ersatzschicht. Odo, Bashir und Jara, die zur Zeit ranghöchste bajoranische Technikerin, befanden sich in Captain Siskos Büro. Bashir blickte auf den leeren Stuhl des Captains. Der Baseball, mit dem der vormalige Commander so gerne spielte lag auf dem Tisch. Es wirkte alles so vertraut. Und doch sollte von nun an alles anders werden.
Odo setzte sich auf Siskos Stuhl. Der Formwandler saß heute das erste Mal an diesem Platz. Es gefiel ihm nicht. Er beugte sich vor und drehte den Tischmonitor ein wenig herum, so daß die beiden anderen auch den Bildschirm einsehen konnten "Die Defiant ist vor knapp 10 Stunden in den GammaQuadranten geflogen, als DS9 den Notruf eines klingonischen Forschungsschiffes erhalten hatte. Ehe die Verbindung abbrach, konnte der klingonische Captain nur noch mitteilen, daß sein Schiff von den Jem'Hadar angegriffen wurde."
"Wieso wurde ich nicht informiert?", fragte Bashir.
"Es mußte schnell gehandelt werden. Sie waren auf Bajor und ehe ein Shuttle sie zur Defiant gebracht hätte, wäre es vielleicht schon zu spät gewesen."
"Und was ist mit ihnen?"
"Zum Zeitpunkt des Notrufs hatte ich einen Ferengifrachter inspiziert, der an DS9 andocken wollte. Ich hatte illegale Waffen entdeckt und bat darum, auf DS9 bleiben zu können, um den Fall zu klären." Odo wirkte ein wenig betrübt. Er bedauerte wohl diese Entscheidung.
"Nun, vor neun Stunden erhielten wir von der Defiant einen Notruf..." Der Sicherheitschef aktivierte das Panel. Das Bild auf dem Monitor wackelte und war von Störstreifen durchsetzt.
"...werden angegriffen..."
"...mindestens acht Schiffe..."
Schluß.
"Das ist alles?" Bashir rutschte unruhig auf seinem Stuhl umher. Es hörte sich nicht gut an. Überhaupt nicht.
Odo erhob sich von Siskos Sessel. Es war einfach nicht sein Platz. Er ging statt dessen im Raum umher. "Nun, wir haben kurz danach eine Sonde losgeschickt, um nachzusehen, was passiert ist. Aber das erzählt ihnen besser die Ingenieurin." Der Sicherheitschef wandte sich ab und blickte aus dem Fenster.
Jara drehte das Panel noch weiter herum und lud die Übertragungsdaten der Sonde.
"Nun, an den Koordinaten des Hilferufs haben wir Trümmer entdeckt. Sie stammen eindeutig vom klingonischen Schiff, das völlig zerstört wurde und von vier Jem'Hadar Schiffen."
"Nichts von der Defiant?" Hoffnung keimte in Bashir auf. Immerhin hatte Odo gesagt, sie würde nur vermißt werden.
"Zuerst nicht", Jara rief einen weiteren Datenblock ab, "Doch dann ist mir etwas aufgefallen. Knapp zwanzig Lichtstunden vom Wurmloch entfernt haben die Sensoren ein relativ kleines Schwarzes Loch entdeckt, das vorher dort nicht war."
Bashir blickte fassungslos auf den Bildschirm. Jara legte ein Diagramm des Gravitationsfeldes über die Darstellung eines leeren Raumabschnitts. Es ließ sich nicht leugnen. "Mein Gott! Was ist nur passiert?"
Jara überlegte kurz. "Ich bin nicht sehr erfahren in solchen Dingen... ich bin nicht so bewandert auf diesem Gebiet wie ein Ingenieur der Sternenflotte, aber aus den Daten schließe ich, daß die Defiant aufgrund eines beschädigten Warptriebwerkes ein Schwarzes Loch erschaffen hat, in welches das Schiff hineingestürzt ist. Es gab keine Zeit mehr, den Kurs zu ändern oder Schubumkehr einzuleiten."
"Wie....?"
Odo wandte sich Bashir zu. "Sie sind tot, Doktor. Alle."
Der Arzt sprang auf. "Aber Jara sagt doch selber, daß sie..."
Zu seinem Erstaunen legte ihm der Formwandler eine Hand auf die Schulter. "Sie sind tot."
Bashir ballte seine Hände zusammen und blickte Odo fassungslos an. Als Arzt hatte er schon viele Leute sterben sehen. Doch sehr viel mehr Personen hatte er das Leben retten können. Er fühlte sich so machtlos. Leer.
"Wissen es Jake und Keiko schon?"
Odo wich dem Blick des Doktors aus. "Ich hatte gehofft, sie würden das erledigen."

Julian Bashir hatte das Licht in seinem Quartier ausgeschaltet. Er saß in einem Sessel und starrte stumm aus dem Fenster. Es war schlimm genug gewesen, Jake und Keiko O'Brien die Mitteilung zu machen, daß die Defiant zerstört und die Crew tot war. Noch schlimmer aber war die Einsamkeit. Und so sehr sich Bashir auch bemühte er konnte nicht aufhören, an seine Freunde zu denken. Jadzias Gesicht formte sich in seinen Gedanken. Wie hatte er anfangs doch so plump versucht, sie zu einem Rendezvous zu überreden. All die vielen Male. In letzter Zeit hatte er sich von ihr gelöst. Aber es gab so vieles, das er ihr noch nicht gesagt hatte, von dem er gehofft hatte, es ihr eines Tages gestehen zu können. Doch der Tod hatte diese Hoffnung grauenvoll zerstört. Und nun, da Jadzia nicht mehr lebte, erinnerte er sich um so intensiver wieder an all die Dinge, die er für sie empfunden hatte und immer noch empfand. Daß er nie aufgehört hatte, sie zu lieben. Wäre es doch nur anders gekommen. Und das Sternenlicht schimmerte matt in den Tränen.

Die Tage vergingen zäh und ereignislos. Das Leben auf DS9 war praktisch gelähmt. Die Sternenflotte hatte Bashir zwischenzeitlich gegen seinen Willen zum kommissarischen Leiter der Station ernannt, bis ein neues Team eintreffen würde. Odo ließ sich kaum blicken. Er ging jedem aus dem Weg. Jake hatte sich in seinem Quartier verschanzt. Bashir hatte ihn ein paar Mal besucht und versucht, ihm zu helfen. Doch in der Trauer wollte wohl jeder allein sein. Keiko O'Brien und ihre Tochter waren vor ein paar Tagen eingetroffen. Sie bemühte sich, so gut es ging, die Hinterbliebenen zu betreuen. Keiko hatte die Hoffnung nicht aufgegeben, daß die Defiant wieder auftauchen würde. Ihr Mann war schon mal für tot erklärt worden...
Doch was würde jetzt nur aus DS9 werden? Bashir dachte daran, sich versetzen zu lassen. Er ertrug es jetzt schon nicht mehr, auf jedem Schritt und Tritt an seine Freunde erinnert zu werden. Jake würde bald zur Erde zurückkehren und was Odo machen würde, wußte nur Odo. Es war einfach grauenhaft. Darüberhinaus würde es eine traurige Pflicht zu erledigen geben. Bashir hatte gestern damit angefangen, eine Begräbniszeremonie für die Besatzung der Defiant zu arrangieren. Die Angehörigen würden sobald als möglich auf DS9 eintreffen. Er haßte diese Pflicht. Was sollte er nur sagen? Seine Aufmerksamkeit wurde abgelenkt, als der Kommunikator sich meldete: "OPS an Dr. Bashir. Eine Botschaft für sie von der Erde."
Der Arzt wartete, ehe er lustlos den Ruf erwiderte. "Legen sie es auf meinen Bildschirm in der Krankenstation."
Er war einfach nicht für diese Dinge gemacht. Es fühlte sich nicht richtig an. Sisko sollte hier sein.
Das Bild eines Sternenflottenoffiziers erschien auf dem Monitor. Bashir erkannte ihn sofort. Es gab nur einen Menschen, der einen VISOR trug. "Lieutenant Commander LaForge! Was kann ich für sie tun?"
"Guten Tag, Dr. Bashir. Sie wundern sich bestimmt, warum ich in Verbindung mit ihnen trete. Nun, ich rate ihnen, sich hinzusetzen. Die Sternenflotte hat mich und Data beauftragt, den Verlust der Defiant zu untersuchen. Wir haben die Daten analysiert, die sie uns übermittelt haben und wir glauben, ich betone, wir glauben es nur und sind uns nicht sicher, daß vielleicht nicht alles verloren ist."
Bashir starrte LaForge an. "Nicht alles verloren....?"
Der ehemalige Chefingenieur der zerstörten EnterpriseD rückte etwas näher an die Kamera seines Panels. "Ich weiß, das muß sich für sie alles sehr verwirrend anhören, aber Data und ich sind der Meinung, daß die Defiant nicht unter allen Umständen zerstört wurde. Es kann sein, daß der Prozeß, der das Schwarze Loch erschuf, umgekehrt werden kann."
"Wie?"
"Bitte, Doktor. Ich möchte keine falsche Hoffnung entfachen, aber wir sind der Meinung, daß eine erneute Untersuchung vor Ort alles klären könnte. Die Konstruktionsarbeiten an der EnterpriseE werden auch für einige Wochen ohne mich und Data auskommen. Wenn sie möchten, werden wir nach DS9 kommen und alles weitere dort klären."
Bashir versuchte seiner aufwallenden Emotionen Herr zu werden. "Also... ich, natürlich. Kommen sie. Mag es auch nur eine kleine Chance sein. Wir werden sie wahrnehmen!"
LaForge nickte. "Gut. Ich werde ihrem Ingenieurteam die entsprechenden Unterlagen senden. Vielleicht bilden sie sich besser eine eigene Meinung. Ich melde mich wieder."
Der Bildschirm wurde dunkel und Bashir hockte eine Weile stumm davor. Er fühlte sich wie ein Ertrinkender, dem nicht nur ein Strohhalm sondern gleich ein Rettungsring mit dazugehörigem Schiff angeboten wird. Die Hoffnung von Leuten wie LaForge und Data war mehr wert als die Gewißheit der meisten anderen Ingenieure in diesem Teil der Galaxis. Nur nicht übermütig werden, ermahnte sich Bashir. Noch war nichts gewiß. Noch...

"Ich versichere ihnen Constable, daß ich mit dem Diebstahl der Waffen aus dem Lager auf der Station nichts zu tun habe!"
"So?" Odo musterte Quark eindringlich. "Sie mögen es zwar erfolgreich geschafft haben, sich aus der Waffenlieferung herauszureden, doch diesmal kriege ich sie!"
Der Ferengi, der gerade ein paar Gläser spülte, lächelte Odo freundlich an. "Sie geben wohl nie auf!"
Odo hätte seine Augenbrauen gehoben, wenn er denn welche besessen hätte. "Wieso sollte ich? Das Schloß zum Lagerraum ist absolut sicher nach unserem Standard. Ist es nicht so, daß ihr Bruder Rom ein, sagen wir mal... nicht zu verachtendes Talent dafür hat, Sicherheitsschlösser ohne Spuren zu öffnen?"
Quark hielt mit dem Spülen inne und blickte den Constable überrascht an. "Sie meinen Rom....? Ich hätte nie von meinem Bruder gedacht, daß er illegale Geschäfte abwickelt."
"Quark, nicht schon wieder diese Masche. Sie glauben doch wohl nicht, daß ihnen das irgend jemand noch abnimmt? Und diesmal sorge ich dafür, daß sie eingesperrt werden!"
"Ach, das wollen sie doch gar nicht!", erwiderte der Ferengi süffisant.
"Wie...?" Odo mußte sich beherrschen.
"Wie wäre ihr Leben nur, wenn ich auch noch fort wäre?"
"Wie können sie es wagen...!", knurrte Odo, doch Quark fuhr ihm dazwischen.
"Constable. Wir alle trauern. Nicht nur sie haben Freunde verloren. Ja, ich zähle zählte Major Kira und Lieutenant Dax ebenfalls zu meinen Freunden."
"Pah!"
"Ich weiß, ich weiß. Es fiel den beiden schwer, ihre Zuneigung für mich zu äußern, doch...." Quark wurde unterbrochen, als Bashir die Bar betrat. "Constable, ich dachte mir, daß sie hier sind! Ich muß dringend mit ihnen sprechen. Allein..." Der Arzt warf dem Barkeeper einen Blick zu.
Der Formwandler wunderte sich, warum Bashir einen so aufgelösten Eindruck machte. Ihm war nicht nach sinnloser Konversation zumute. Was immer der Arzt von ihm wollte: es sollte besser kurz und wichtig sein. "Gut, gehen wir in mein Büro."
"War nett mit ihnen zu plaudern, Constable!", rief Quark hinterher. Er stellte ein bereits abgetrocknetes Glas zurück in die Spüle und warf das Handtuch achtlos hin. Das Geschäft ging lausig. Heute hatte sich noch kein Kunde blicken lassen. Der Ferengi vermißte irgendwie das aufbrausende Temperament des Majors. Es war wirklich lausig. Und mehr als das...

"Nun, Doktor, was gibt es?" Odo machte kein Geheimnis aus seiner schlechten Laune.
Bashir hoffte nur, daß er den richtigen Ton treffen würde. "Constable... ich habe vorhin eine Nachricht von Commander LaForge von der Erde erhalten."
"LaForge?", grummelte Odo.
"Der Chefingenieur der Enterprise."
"Sicher, ich kenne ihn. Und?"
"Nun, um es kurz zu machen. Er und Commander Data wurden von der Sternenflotte beauftragt, den Verlust der Defiant zu untersuchen und sie sind der Ansicht, daß nicht alles verloren ist." Odo musterte Bashir scharf. "Wie darf ich das verstehen, Doktor?"
Bashir konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. "Sie sind nicht tot."
Der Constable erhob sich vom Sessel. "Nicht? Aber wie ist das möglich?"
"Oh, das weiß ich auch nicht. Aber LaForge hat der bajoranischen Ingenieurin seinen Bericht übermittelt. Sie wollte ihn sich anschauen und mir möglichst bald Bericht ge...." Bashirs Kommunikator sprach wie auf Befehl an. "Doktor, hier ist Jara. Wenn sie möchten, kann ich ihnen jetzt ein wenig mehr erzählen."v "Sehr gut. Wir treffen uns im Konferenzraum."
Der Konferenzraum war ungewöhnlich leer. Früher vor wenigen Tagen noch hatte sich hier der Führungsstab getroffen. Heute saßen nur Odo und Bashir am Tisch, während Jara am Wanddisplay stand.
"Nun, ich befinde mich ja eigentlich noch in der Ausbildung und vieles von dem, was Lieutenant LaForge mir übermittelt hat, habe ich eventuell nicht richtig verstanden, aber so wie ich ihn verstehe, sind er und Commander Data der Meinung, daß es möglich ist, den Entstehungsprozeß des Schwarzen Loches durch Antigravitation umzukehren."
"Muß ich das verstehen?", meinte Odo in seiner typischen Art.
"Oh, nicht unbedingt, Constable....", Jara fühlte sich leicht unwohl. "Jedenfalls scheint es so, daß eine Sonde, die mit Warpgeschwindigkeit in die Singularität eindringt und dort ein Antigravitationsfeld erzeugt, das Schwarze Loch explodieren läßt. Äh... ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, daß dadurch ebenfalls die Zeit umgekehrt wird und die Defiant sollte aus dem Schwarzen Loch wieder herauskommen."
"Das Schwarze Loch wird zu einem Weißen Loch?", warf Bashir ein. Odo blickte ihn verwundert an. Jara lächelte. "Ja... genau. Jedenfalls ist so etwas noch nie gemacht worden. Vielleicht geht es auch gar nicht. Mehr kann ich auch nicht sagen."
Odo überschlug im Kopf kurz die Fakten. "Durch Antigravitation in der Singularität des Schwarzen Loches wird dieses zu einem Weißen Loch, wodurch die Zeit umgekehrt wird. Alles, was einmal in das Schwarze Loch hineingeflogen ist, kommt somit wieder herausgeflogen. Habe ich das richtig verstanden?"
Jara nickte aufmunternd. "Theoretisch ist es möglich... glaube ich."
"Was meinen sie, Doktor?"
"Nun, ich versuche, meine Hoffnung zu dämpfen, aber ich finde, wir sollten die Vorbereitungen für die Begräbniszeremonie erst einmal verschieben."
"Ja, ich stimme ihnen zu. Werden sie es den Angehörigen erzählen?"
Bashir dachte darüber nach. Er wollte keine ungerechtfertigte Hoffnung einflößen. Doch spätestens wenn LaForge und Data einträfen, würden sie es ohnehin erfahren. "Ich glaube schon."

Es trat genau das ein, was Julian Bashir eigentlich verhindern wollte. Eine Welle der Euphorie schwappte über die Station. Die Angehörigen der nun offiziell als vermißt geführten Defiantcrew hatten ihn in der ersten Zeit mit Fragen bombadiert. Bashir konnte sich nicht helfen. Je mehr er darüber nachdachte, um so zuversichtlicher wurde auch er. Immerhin würden Leute wie Data und LaForge nicht den weiten Weg nach DS9 antreten, wenn nicht tatsächlich Grund zur Hoffnung bestünde.
Der Doktor konnte seine Ungeduld kaum noch bändigen. Er saß in Quarks Bar und zählte die Tage und Stunden, bis die beiden Sternenflottenoffiziere endlich eintreffen würden. Die Grippewelle auf Bajor war zwischenzeitlich erfolgreich eingedämmt. Eigentlich lief alles hervorragend. Selbst Quark wirkte recht zufrieden. Kaum nach der frohen Kunde strömten die Leute wieder in seine Bar.
"Odo an Bashir. Bitte melden sie sich."
Der Doktor löste den Blick vom Boden seines Glases und tippte an seinen Kommunikator. "Was kann ich für sie tun, Constable?"
"Kommen sie in mein Büro."


"Odo, was liegt an?" Der Formwandler hatte sich in den letzten paar Tagen recht mysteriös gegeben. Der Doktor hoffte nur, daß Odo nicht wieder über den Ferengi klagen wollte. Die Waffen waren immer noch nicht wieder aufgefunden worden, was den Sicherheitschef sicherlich gewaltig ärgerte.
"Doktor, ich habe meine Beziehungen spielen lassen und etwas interessantes herausgefunden. Es wollte mir einfach nicht in den Kopf, warum die Jem'Hadar so massiv ein klingonisches Forschungsschiff angreifen. Ich habe von einem meiner Informanten die Mitteilung erhalten, daß die Mission der Klingonen alles andere als wissenschaftlich war."
Bashir horchte auf. "Was meinen sie damit?"
"Ganz einfach: eine weitere Analyse der Trümmer hat eindeutig ergeben, daß das Klingonenschiff mit einer Tarnvorrichtung ausgestattet war. Wie es scheint, wollten die Klingonen im Gammaquadranten etwas über das Dominion in Erfahrung bringen. Anscheinend hatten sie Erfolg."
"Und?"
"Leider weiß ich noch nicht, was genau es war, daß die Klingonen herausgefunden hatten. Jedenfalls muß es so wichtig gewesen sein, daß eine ganze Flotte von Jem'Hadar Schiffen ganz sicher gehen wollte, daß niemand es erfährt."
"Haben sie eine Vermutung?"
Odo schüttelte seinen Kopf. "Ich arbeite noch daran. Vielleicht sollten wir versuchen, die Trümmer zu bergen. Ich habe mit der bajoranischen Technikerin gesprochen und sie meinte, daß es durchaus möglich wäre, daß Fragmente des Computerkerns noch lesbar sind."
"Gut... ich glaube, wenn die Intrepid mit LaForge und Data übermorgen eintrifft, werden sie sicherlich Gelegenheit haben, das Trümmerfeld nach Fragmenten des Computerkerns abzusuchen." Odo nickte. "Darauf warte ich schon..."

Gespannt warteten Bashir und Odo vor der Andockschleuse des oberen Pylons 1. Die Intrepid, das neueste Schiff, das diesen Namen trug und auch die Ehre hatte, Taufpate einer ganzen Baureihe von hochmodernen Sternenflottenschiffen dieses Typs zu sein, hatte angedockt.
Die Schleusentür glitt zur Seite. Bashir stutzte ein wenig. Lieutenant Commander Data trug in der linken Hand eine Kunststoffbox. Als es leise miaute erkannte der Doktor zu seinem Erstaunen, daß sich darin wohl eine Katze befand. Er löste den Blick von der Kiste und lächelte.
"Willkommen auf DS9, meine Herren. Sie glauben gar nicht, wie sehr wir ihr Eintreffen herbeigesehnt haben."
LaForge erwiderte das Lächeln. "Doktor Bashir, ich hoffe, wir haben sie nicht zu lange auf die Folter gespannt. Ich freue mich, hier zu sein."
"Auch ich freue mich, Doktor", sagte Data, "Wie schön sie endlich einmal wiederzusehen!" Der Android reichte dem leicht verwirrten Bashir die Hand und schüttelte sie kräftig. "Äh... Danke, Data. Sicherheitschef Odo kennen sie noch?"
"Aber natürlich!", meinte Data enthusiastisch. LaForge grinste leicht. "Wie geht es ihnen?" Odo musterte ein wenig argwöhnisch die ausgestreckte Hand bis er den Gruß erwiderte. "Danke....Gut", antwortete der Formwandler zögernd. "Aber geht es auch ihnen gut?"
LaForge antwortete ehe Data etwas sagen konnte. "Das ist eine lange Geschichte. Seit Data einen Emotionschip hat, bemüht er sich, sein Verhalten anzupassen."
"Emotionschip?" Bashir war verblüfft. "Aber ich glaube, dazu haben wir später noch Zeit. Wir sind schon sehr gespannt auf ihre Ausführungen."
LaForge nickte. "Wir sollten keine Zeit verlieren."
Im Turbolift miaute die Katze in der Transportbox. "Commander, wenn sie mir die Frage gestatten.... Aber warum haben sie das Tier bei sich?", fragte Bashir, dem die ganze Sache ein wenig komisch vorkam.
"Ich habe mir geschworen, Spot nie wieder allein zurückzulassen. Ich nehme sie mit, wann immer ich kann."
"Sie hätten ihn mal sehen sollen, als er nach dem Absturz der Enterprise seine Katze wiedergefunden hat...", sagte LaForge leicht amüsiert, was ihm einen Seitenblick von Data einbrachte.
"Geordi....!"
"Schon gut, Data. Ich werde keinem verraten, was passiert ist."
"Was ist denn passiert?", wollte Bashir wissen.
Der Lift hielt. "Sollten wir nicht aussteigen?", schlug Data vor.

"Folgendes ist geschehen: während des Angriffes der Jem'Hadar wurden die Warpfeldspulen durch einen Treffer überlastet." LaForge ließ die Animation am Bildschirm im Konferenzraum etwas weiterlaufen. "Eine taktische Analyse hat uns gezeigt, daß Captain Sisko wohl vorhatte, sich mit Warpgeschwindigkeit aus der Umklammerung der verbliebenen sechs Jem'Hadar Schiffe zu befreien.
Ein riskantes Manöver, wenn man bedenkt, daß die gegnerischen Schiffe die Defiant beinahe vollständig zudeckten. Der Übergang in Warpgeschwindigkeit mußte sehr genau erfolgen, wenn keine Kollision mit einem der anderen Schiffe erfolgen sollte. Wie es aussieht, schaffte die Defiant erfolgreich den Warpsprung. Doch einen Sekundenbruchteil vorher muß sie noch einen Treffer erhalten haben, der die Spulenüberlastung verursachte. Es blieb keine Zeit mehr, zu reagieren.
Das Warpfeld der Defiant...," Das Display am Bildschirm zeigte eine verformte Warpblase um die Defiant, "erhielt einen Energieüberschuß und das Feld verformte sich zu einer Singularität. Einem Schwarzen Loch also, aus dem es kein Entrinnen für die Defiant gab." LaForge setzte sich und Data begab sich nach vorne.
"Es gab bisher nur sehr wenige Fälle, in denen durch einen schlecht ausbalancierten Warpantrieb ein Schwarzes Loch erschaffen wurde. Die betroffenen Schiffe waren in fast jedem Fall verloren, eine neue Theorie über Quantensingularitäten, die ich in letzter Zeit eingehend studiert habe, läßt jedoch den Schluß zu, daß durch Antigravitation das Schwarze Loch einen Phasensprung vollzieht und zu einem Weißen Loch wird." Bashir, Odo und Jara sahen auf dem Bildschirm eine animierte Warpsonde, die im Schwarzen Loch ein Antigravitationsfeld erzeugte, woraufhin das Loch explodierte.
"Wie sie sehen können, benötigt man dazu nur einen Feldgenerator, der Antischwerkraft erzeugt. Das Problem ist die Energie. Wir haben noch nicht die Technik, um große Schwarze Löcher umzukehren, Berechnungen zeigen jedoch zum Glück, daß die Energie hier gerade ausreicht."
"Wichtig ist vor allem das Timing." fügte LaForge hinzu. "Wenn die Sonde nicht zum richtigen Zeitpunkt das AntigravFeld erzeugt, kann es durchaus sein, daß das Schwarze Loch völlig zerstört wird."
"Wie ist das möglich?", wunderte sich Bashir.
"Nun, jedes Schwarze Loch verliert früher oder später an Masse. Dies geschieht, indem Antimaterie in das Loch gelangt und dort einen entprechenden Anteil an positiver Masse zerstrahlt", versuchte Data zu erklären, "Was Commander LaForge nun meint, ist folgendes: erstens kann durch eine Fehlzündung der Sonde das Schwarze Loch so instabil werden, daß es zerstrahlt und zum anderen geht noch eine Gefahr von der Sonde selbst aus. Die Antimaterie des Warpantriebes der Sonde könnte in das Loch gelangen und es zerstören, womit auch eine Rückholaktion unmöglich wäre."
"Simulationen haben gezeigt, daß eine 60prozentige Erfolgschance besteht", sagte LaForge. "Besser als gar nichts", meinte Odo. "Was ich noch gerne wissen möchte ist, wie Captain Sisko und die anderen ins Leben zurückkehren können. Zeitumkehr ist ja gut... Aber sind sie nicht tot?"
"Nicht wirklich, Constable", antwortete Data. "Sehen sie, je mehr man sich einem Schwarzen Loch nähert, um so langsamer vergeht für einen Außenstehenden Beobachter die Zeit an Bord des betroffenen Schiffes. In der Tat dauert es bis zum zeitlichen Ende des Universums, bis die Defiant im Schwarzen Loch endgültig verschwunden ist."
"Bis zum Ende des Universums...?" Bashir versuchte sich das vorzustellen. "Es mag verwirrend klingen, ist es aber nicht, wenn man die Relativitätstheorie konsequent anwendet. Wichtig ist hier nur, daß selbst wenn sich die Defiant bereits hinter dem Ereignishorizont befände durch die Zeitumkehr das Schiff wieder zum Vorschein kommt."
"Zeitumkehr?", schaltete sich Jara ein. "Wieweit wirkt sie sich aus?"
"Simulationen zeigen, daß das Phänomen auf 2.4 Lichtsekunden begrenzt ist, wenn wir in einiger Entfernung bleiben, werden wir nicht betroffen.", erläuterte LaForge.
"Wann wollen sie die Mission starten?", fragte Bashir.
"Wenn sie sich noch etwas gedulden können gleich morgen. Data und ich müssen noch einige Tests mit der Sonde durchführen."
Der Doktor nickte.
Morgen also....


Anfangs hatten Keiko und Jake darauf bestanden, mit der Intrepid in den Gammaquadranten zu fliegen, aber nach einiger Überredungskunst von Dr. Bashir waren sie doch auf DS9 zurückgeblieben. Nicht, weil er etwa der Meinung war, daß die Mission zu gefährlich war, sondern vor allem deswegen, weil er nicht wollte, daß die beiden mitansehen mußten, wie die Aktion vielleicht fehlschlug...
Die Intrepid flog zuerst das Schlachtfeld an und auf Wunsch von Odo wurde ein intensiver Scan nach Fragmenten des Computerkerns des zerstörten klingonischen Forschungsschiffes durchgeführt. Doch zu seiner Überraschung konnten die Sensoren nichts entdecken.
"Constable, es sieht so aus, als hätte jemand das Trümmerfeld bereits nach den Fragmenten abgesucht und sie entweder zerstört oder mitgenommen...", stellte Data fest.
"Die Jem'Hadar!" Odo ärgerte sich gewaltig. Irgendwie fühlte er sich für die Greueltaten seines Volkes mitverantwortlich. Er verstand immer noch nicht, warum das Dominion diese Politik der Unterdrückung und Gewaltherrschaft verfolgte und nun auch in den Alphaquadranten tragen wollte.
"Dann gibt es hier für uns wohl nichts mehr zu tun." Der Formwandler blickte mürrisch auf den Sichtschirm der Intrepid. Welches Geheimnis war es nur wert, so gründlich jeden Hinweis darauf auszulöschen? Er würde es herausfinden. Irgendwann.

Die Intrepid hatte die Position des Schwarzen Loches erreicht. Data führte einen Sensorenscan durch und betätigte blitzschnell einige Tasten auf der Konsole. "Zur Zeit verliert das Schwarze Loch lediglich sehr wenig Masse", meldete er.
"Das Loch ist also stabil?" Bashir war leicht beunruhigt.
Data wandte sich vom Bildschirm ab. "Zur Zeit verliert das Loch nur Masse aufgrund der HawkingStrahlung. Die Quantenfluktuationen am Ereignishorizont erzeugen ständig MaterieAntimateriePartikel und wenn die Antimaterie ins Loch gelangt, verliert das Loch an Masse. Wir können dies registrieren, indem der übriggebliebene Teilchenpartner sich in entgegengesetzter Richtung vom Loch entfernt. Es repräsentiert die verlorengegangene Masse des Schwarzen Loches. Es ist also nicht wirklich so, daß Masse aus dem Schwarzen Loch entweicht es kommt uns nur so vor. Meine Berechnungen haben ergeben, daß allerdings noch 7 Monate, 42 Tage, 4 Stunden und 9 Sekunden vergehen werden, bis das Loch völlig verdampft ist."
Odo rollte mit den Augen. "Vielen Dank für diesen kleinen Exkurs in Quantenphysik sie haben mir gerade genau die Fragen beantwortet, die mir schon immer auf dem Herzen lagen!"
"Nichts zu danken, Constable!", erwiderte Data höflich. "Wenn sie möchten, kann ich ihnen gerne genauere...."
"Können wir die Sonde starten, Data?" LaForge grinste breit.
Der Android ließ kurz den Mund offen stehen und nickte dann stumm. Der blinde Ingenieur wandte sich an den Opsoffizier. "Starten sie die präparierte Sonde" LaForge drehte sich zu den anderen herum. "Data wird die Verzögerung für den Antigravfeldgenerator eingeben. Sie sollten es sich auf dem Schirm anschauen. Wenn alles klappt, sehen wir gleich ein fantastisches Schauspiel."
Bisher gab es auf dem Sichtschirm der Intrepid außer kleinen Punkten auf schwarzem Hintergrund absolut nichts zu sehen. Das Schwarze Loch selbst war einige Lichtsekunden entfernt. Die Klasse VIIISonde reflektierte schwach das Licht der Intrepid, als sie auf dem Schirm rasch kleiner wurde.
Data beobachtete aufmerksam die Meßwerte an der Wissenschaftsstation. "Der Tachyonenscan zeigt etwas. Gleich müßten wir es sehen...."
Der Raum schien zu explodieren. Ein gleißend helles Licht füllte den Schirm aus. Automatisch senkten sich die Sichtblenden und das Licht wurde erträglich. "Vergrößern!", befahl Captain Shuland.
"Mein Gott, sehen sie!", entfuhr es Bashir. "Die Defiant.....!"
Zerrissene und verformte Trümmer fügten sich blitzschnell zu einem Schiff zusammen. Eine langgezogene Defiant nahm normale Form an und raste rückwärts von der Raumexplosion davon.
Es herrschte Schweigen auf der Brücke. "Verdammt!" tönte es plötzlich von der Wissenschaftsstation.
"Was ist, Data?", fragte LaForge besorgt.
"Das Weiße Loch ist instabil es...."
Man konnte es auf dem Bildschirm sehen. Es bildete sich wieder ein Schwarzes Loch und die Defiant wurde in seinen dunklen Schlund zurückgezogen.

"Die Erklärung ist relativ einfach", sagte Data. Die anderen im Besprechungsraum von Captain Shuland hörten ihm gespannt zu. "Die Energie des Antigravfeldgenerators hat nicht ausgereicht, um dem Schwarzen Loch genügend...Schwung...mitzugeben."
"Können wir kein stärkeres Feld erzeugen?", fragte Jara besorgt.
"Ich bedauere, nein."
"Haben unsere Sensoren etwas registriert? Ehe die Defiant wieder verschwand?"
LaForge schüttelte den Kopf. "Das Weiße Loch erzeugt zu große Störungen."
"Können wir es nicht noch mal versuchen?", schlug Bashir vor. "Können wir sie dann vielleicht rausbeamen oder die Defiant per Traktorstrahl vor dem Schwarzen Loch retten?"
Data überdachte das kurz. "Ich befürchte, dies wird kaum möglich sein. Um zu beamen, müßten wir in Transporterreichweite sein. Allerdings würden wir dann den Zeitumkehreffekt des Weißen Loches ebenfalls spüren. Gleiches gilt für alle weiteren Aktionen, die wir in unmittelbarer Nähe der Defiant ausführen müssen. Außerdem sind die Subraumstörungen um das Weiße Loch herum so stark, das Beamen ausgeschlossen ist. Darüberhinaus hätten wir keine Zeit, alle Besatzungsmitglieder der Defiant in der erforderlichen Zeit herüberzubeamen."
"Können wir denn gar nichts tun?" Bashir fühlte sich wie ein Ertrinkender, der kurz vor Erreichen des Rettungsringes mitsamt dazugehörigem Schiff von einem Hai erwischt wird.
"Vielleicht doch." LaForge hatte kurz gegrübelt. "Es wurde noch nie in dieser Größenordnung gemacht, wurde aber im kleinen Rahmen erfolgreich erprobt. Wir können mit Hilfe des Warptriebwerkes eine statische Subraumblase um die Intrepid kreieren, um uns so von dem Zeitumkehreffekt des Weißen Loches abzuschirmen."
Data blickte seinen Freund überrascht an. "Sie meinen wie damals, als die Enterprise in einem temporären Fragment gefangen war und wir um uns herum ein Subraumfeld erzeugt hatten? Fasziniernde Idee."
"Genau, Data!", jetzt war LaForge in seinem Element. "Wir erzeugen das Feld und können so nahe an die Defiant heranfliegen, daß wir sie mit dem Traktorstrahl wegziehen, bevor das Weiße Loch kollabiert!"
Data legte seinen Kopf etwas schief. "Haben sie bedacht, daß die Defiant nach dem Kollaps des Weißen Lochs für kurze Zeit noch mit Warp fliegen wird?"
"Nicht, wenn wir mit einem gezielten Schuß unserer Phaser das Warptriebwerk außer Betrieb setzen!"
"Meine Herren!", schaltete sich Captain Shuland ein. "Sie reden hier von meinem Schiff. Ist ihnen klar, daß wir uns damit in große Gefahr begeben? Sie sagen selbst, daß so etwas noch nie zuvor gemacht wurde? Was geschieht, wenn das Subraumfeld zusammenbricht?"
"Nun Captain, darum würde ich mir keine Sorgen machen", beruhigte LaForge sie. "In diesem Fall werden wir nämlich keine Zeit mehr haben, uns überhaupt Sorgen zu machen."
Der Captain zögerte. "Wenn sie nicht der beste Ingenieur wären... Gut. Wir machen es so, wie sie es vorgeschlagen haben. Irgendjemand muß ja der erste sein!"

Die Spannung auf der Brücke war fühlbar. Die Intrepid war zwischenzeitlich kurz nach DS9 zurückgekehrt, um nicht benötigtes Personal auf die Station zu beamen. Es befand sich nur noch eine Skelettcrew auf dem Schiff. LaForge hatte die Zeit genutzt, um die nötigen Änderungen am Warptriebwerk der Intrepid vorzunehmen.
"Viele Versuche haben wir nicht mehr", informierte Data die anderen. "Die Antimaterie aus dem Warpantrieb der ersten Sonde hat dem Schwarzen Loch beträchtlich Masse entzogen. Es ist bereits instabil. Wenn es uns diesmal nicht gelingen sollte, kann es sein, daß das Loch für immer aus diesem Universum verschwindet!"
Es bedurfte ohnehin keines weiteren Ansporns.
"Auf ihr Zeichen, Lieutenant!" Captain Shuland hoffte, daß ihre Zuversicht sich nicht rächen würde. Wie es schien, standen Schiffe der IntrepidKlasse nicht unbedingt unter einem guten Stern. Die Voyager war praktisch auf ihrer Jungfernfahrt noch verschwunden und das gleiche könnte ihnen heute auch passieren.
LaForge nickte. "Ich erzeuge jetzt das Subraumfeld um das Schiff."
Die Intrepid näherte sich dem Schwarzen Loch bis auf eine Lichtsekunde. "Wir dürfen den Traktorstrahl erst dann einsetzten, wenn die Defiant weit genug in der Zeit zurückgeworfen wurde. Data: sobald das Weiße Loch kollabiert müssen sie die Warptriebwerke der Defiant mit einem gezielten Phaserbeschuß zerstören. Wenn es ihnen nicht gelingen sollte, kann es durchaus sein, daß wir mit in das Loch gezogen werden!"
Der Android wußte das natürlich. Deshalb hatte er sich auch an den Feuerleitstand begeben. Mochte er auch Gefühle haben seine Reflexe und Genauigkeit übertrafen die jedes Menschen. "Fähnrich, starten sie die Sonde...." LaForge blickte gebannt zum Bildschirm.
Der Weltraum explodierte förmlich. Die Intrepid wurde heftig durchgeschüttelt. Mit voller Impulskraft kämpfte sie gegen den Druck des Weißen Loches an, das im Gegensatz zu seinem dunklen Bruder jede Materie natürlich abstieß und nicht etwa anzog.
Aus den verformten Trümmern bildete sich erneut die Defiant. Sie wurde in den Raum hinausgeschleudert und erreichte die Position der Intrepid. LaForge aktivierte den Traktorstrahl.
"Ich kriege keinen Kontakt!", rief der Ingenieur. Blitzschnell leitete er noch mehr Energie in den Traktorstrahl um. "Ich habe sie!"
"Bringen sie uns weg von hier!", befahl Captain Shuland. Die Intrepid drehte um und zog die Defiant mit sich. Data starrte auf seine Anzeigen. "Es kollabiert!" Die Phaser waren auf die Warptriebwerke der Defiant gerichtet. Wenn der Schuß nicht richtig saß, konnte es durchaus sein, daß entweder die Beschädigung nicht groß genug oder zu groß war, so daß das Schiff gleich mitzerstört wurde. Für einen kurzen Augenblick nagten Zweifel an Data. Alles hing jetzt von ihm ab. Er aktivierte die Phaser.
Für einen unvorstellbar kurzen Augenblick hatte es den Anschein gehabt, als würde die Intrepid zusammen mit der Defiant zurückgezerrt werden, doch dann herrschte plötzlich Ruhe. "Ja!", rief Data zufrieden.
Die Defiant und die Intrepid lagen ruhig im Raum.
"Wo ist das Schwarze Loch?", wunderte sich Jara.
Data analysierte die Meßwerte. "Als die Defiant und der umliegende Raum von der Zeitumkehr betroffen wurden, gab es kein Schwarzes Loch, sondern ein Weißes. Als es gerade kollabieren wollte, wurde die Ursache, die es erschuf, das defekte Warptriebwerk, außer Betrieb geschossen, so daß es auch kein Schwarzes Loch erschaffen konnte."
"Aber war es denn vorher nicht da?" Bashir verstand die ganze Sache nicht so recht.
"Temporäre Mechanik war noch nie leicht zu verstehen", stellte LaForge grinsend fest. Aber das war egal. Sie hatten es geschafft.

"Captain, wir haben ein Pro...." O'Brien hielt inne. "Das Warptriebwerk ist ausgefallen? Wir wurden anscheinend beschossen von... von...."
Sie sahen es alle auf dem Schirm.

Bashir setzte das Hypospray an.
Dax schlug matt die Augen auf.
"Jadzia!", entfuhr es dem Arzt. Er drückte sie an sich. Für einen Moment hatten ihn seine Gefühle überwältigt. Er schloß kurz die Augen und ließ sie dann sanft zurückgleiten. "Julian...?", sprach Jadzia leise. "Wie kommst du hierher. Wie....?"
"Das ist eine lange Geschichte, Jadzia. Eine sehr lange..." Bashir erhob sich. Er staffte sich und kümmerte sich um die anderen Verletzten.

Es war Nacht auf DS9. Das heißt, es war Nacht für Julian Bashir. Er hatte sich nach einem anstrengenden Tag in sein Quartier begeben. Die Party würde sicherlich noch bis in den Morgen gehen. Man konnte schließlich nicht jeden Tag seine Wiedergeburt feiern. Viele waren aber einfach nur mit ihren Familien und Freunden zusammen und wußten gar nicht, wie ihnen geschehen war.
All die Tage der Verzweiflung und der Trauer waren für die Crew der Defiant wie ein Augenblick erschienen. Vielleicht war es besser so.
Der Türsummer sprach an.
Bashir wollte sich gerade in sein Bett begeben. Für einen Augenblick überlegte er, ob er die Tür öffnen sollte. Die Neugierde gewann. Er begab sich in den Wohnraum. "Herein...", sprach der Doktor etwas mißmutig.
Die Tür glitt mit leisem Zischen auf. "Störe ich?", fragte Dax besorgt. "Wenn du schlafen willst, kann ich wieder ge...."
"Nein, nein. Komm ruhig rein. Ich... Also ich wollte eigentlich nur etwas bequemeres als die Uniform anziehen", unterbrach Bashir sie rasch.
"Du bist so früh von der Party gegangen. Die anderen wundern sich ein wenig."
"Oh... die Parties in Quarks Bar enden immer damit, daß ich am nächsten Tag mit einem Kopf aufwache, der mindestens viermal so groß wie sonst ist.... Ich muß morgen noch einiges tun." Jadzia lächelte ihren Kollegen an. "Weißt du, Julian. Geht mir immer genau so. Curzon wäre da zwar anderer Meinung....Aber ich mag solche Parties ebenfalls nicht."
"Kann ich etwas für dich tun....?" Bashir war leicht verunsichert.
"Oh, eigentlich suche ich nur nach jemanden, der Lust hat, mit mir zu essen. Wenn man euch glauben darf, habe ich eine ganze Zeit nichts zu mir genommen und ich bin dementsprechend hungrig...."
"Also... ich meine, wir können gerne hier bei mir etwas essen. Die Replikatoren arbeiten einwandfrei. Ich kann dir alles anbieten." Bashir lächelte verlegen. Er wollte sich nur nicht anmerken lassen, wie gerne er Jadzia bei sich hatte.
"Gerne, Julian. Weißt du, in letzter Zeit haben wir uns kaum noch getroffen. Ich bin froh, daß du mir nicht böse bist."
"Böse? Nein, Jadzia. Natürlich nicht. Eher das Gegenteil... also, äh... was soll ich sagen? Du weißt, das du immer zu mir kommen kannst."
Dax lächelte Bashir wieder an. Es hatte Zeiten gegeben, da hatte sie beinahe vergessen, wieviel ihr dieser leicht nervöse und machmal auch unbeholfen wirkende Mann bedeutete.
Sie sah ihn wieder vor sich. Sein Gesicht hatte Bände gesprochen. Auf der Defiant hatte sie nicht gewußt, warum Bashir sie so angeschaut hatte. Jetzt wußte sie es. Mehr als zuvor.
"Danke, Julian."

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