© der Geschichte: Ewgenij Sokolovski. Nicht unerlaubt
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Der Seitensprung

Eines Tages kam ich etwas früher von der Arbeit nach Hause und erwischte doch glatt meine Frau mit einem anderen Kerl im Bett. Man könnte sagen, die berühmt-berüchtigte Situation vor der jeder Ehemann sich heimlich fürchtet, egal wie selbstsicher er auch nach außen zu sein scheint. Nun ist es mir widerfahren, vor allen Dingen zu einem Zeitpunkt, als ich alles andere, nur das nicht erwartet hatte. Wir hatten doch erst vor zwei Monaten geheiratet! Und unser Sexualleben war auch nicht gerade langweilig. Na ja, wie dem auch sei, sie bumst mit einem anderen und ich, der Hörnerträger, stehe blöd dabei und beobachte unbemerkt. Die Beobachtung war es auf jeden Fall wert, denn solche Sachen, wie sie sie mit ihm tat, haben wir nie miteinander gemacht! Dies ist jedoch kein billiger Porno, deshalb werde ich mich in die genaueren Beschreibungen auch nicht vertiefen. Viel interessanter für die Leser ist meine Reaktion auf die neuerworbenen Hörner.

In der erwähnten, typischen, berühmt-berüchtigten Situation, wäre dann der nächste Schritt sich auf die Frau bzw. auf den Mann (abhängig von der eigenen Körperkraft) zu stürzen, "du Hure" bzw. "du Dreckskerl" zu schreien und entsprechende Person so richtig zu verprügeln. - Was jedoch bei dem Körperbau und der Muskulatur, die dieser Kerl hatte, eher unerwünschte Folgen für mich nach sich hätte ziehen können. So blieb ich stehen, tief in Gedanken versunken. Und diese Gedanken waren ziemlich trübe.

Einerseits war ich aufs Äußerste verletzt und wollte mich so bald wie nur möglich von ihr scheiden lassen. Andererseits konnte ich mir schon in allen Farben die Gesichter meiner Freunde und meiner Familie ausmalen, wenn sie von der bevorstehenden Scheidung und vor allem von der Ursache erfahren würden. Meine Mutter: "Ich hab' dich doch vor diesem Flittchen gewarnt, du musstest aber immer alles besser wissen!", meine Freunde: "Die Hörner stehen dir aber wirklich gut, so lang und hübsch, hast du zu viel Calcium gegessen?", und dieses Luder, meine kleine Schwester: "Na, Bruderherz, ich hab' doch immer gesagt, du bist der volle Trottel. Dir musste so was passieren!"

Leckt mich doch alle am...!!! So einen Spaß werde ich euch nicht bereiten! Leise, auf Zehenspitzen, ging ich aus dem Haus, lief zur nächsten Telefonzelle und rief zuhause an. Nach einer ziemlich langen Zeit (offensichtlich waren sie immer noch nicht fertig) ging meine Frau an den Apparat. Mit fröhlicher Stimme sagte ich ihr, dass ich früher Schluss hätte und deshalb in fünf Minuten zuhause wäre. Jetzt musste sie in diesen fünf Minuten den Unbekannten los werden. Das wollte ich auf keinen Fall verpassen! Also lief ich schnell zurück und versteckte mich hinter unserer Mülltonne. Wegen des starken Geruchs war das nicht gerade das beste Versteck, es stand jedoch nichts anderes auf der Straße zur Verfügung. So ist das Leben nun mal. Die Düfte der Mülltonne einatmend, konnte ich eine interessante Szene beobachten. Halb angezogen, die Jacke in einer Hand, den Mantel in der anderen, in einem Schuh und ohne Socken, stürzt der Mann aus der Tür unserer Wohnung und lief geduckt Richtung Parkplatz.

Nachdem er entschwunden war, ging ich langsam zur Tür, räusperte mich, damit sie auch bemerkte, dass ich schon da war, und trat ein. Sie nahm mir den Mantel ab, fragte, wie mein Tag so war - alles so wie immer. Meine Frau kann sich schon beherrschen, das muss man ihr lassen. Na ja, ich machte das Spiel mit. Eigentlich fing es an, mir sogar zu gefallen. Ist doch immer angenehm, etwas über den anderen zu wissen, was der Betroffene für streng geheim hält. Hat einen gewissen Reiz an sich. So entschied ich mich, auch weiter so zu tun, als ob ich nichts wüsste.Am nächsten Morgen kam die Erleuchtung. Ich würde mich an ihr rächen, jedoch nicht auf die gewöhnliche Art und Weise. Ich würde sie erpressen. Ja, ja erpressen, drohen, dass ich von ihrem Verhältnis dem nichtswissenden Ehemann erzähle. Jetzt fragen sie mich natürlich, was ist das denn für eine bescheuerte Idee? - Du bist doch ihr Ehemann, und du weißt doch alles! Ja, ich weiß alles, aber sie weiß ja nicht, dass ich es weiß. So kann ich sie ungestraft ein bisschen quälen und dabei noch eine beträchtliche Geldsumme verdienen. Ist doch eine prima Idee! Finden sie etwa nicht? Ist zwar ein bisschen ungesetzlich, aber sie hat schließlich ihren Schwur vor dem Allmächtigen gebrochen. Dagegen ist ein kleiner Bruch des Zivilrechts wirklich nichtig.

Nun fing ich an, meinen Vorsatz zu verwirklichen. Ich erzählte meiner Frau von einer Dienstreise nach München und dass ich drei Tage lang weg wäre. Somit hatte ich ihr eine perfekte Gelegenheit gegeben, ihren Liebsten einzuladen. Dann bat ich einen Freund, unter dem Vorwand wir hätten eine Familienkrise, mich für drei Nächte zu beherbergen. Die Grundlage war somit geschaffen, nun hing alles von den Hauptdarstellern ab. Am "Abreisetag" verlies ich die Wohnung und begab mich zu meinem Freund, um dort die Zeit bis zum Abend totzuschlagen. Als es endlich dämmerte nahm ich einen Fotoapparat und ging zu meinem Haus. Ich versteckte mich hinter der erwähnten Mülltonne (Gott sei Dank wurde sie an diesem Morgen geleert) und bereitete mich auf`s lange Warten vor. Die Stunden vergingen und niemand kam. Es war schon neun Uhr, dann zehn, schließlich elf Uhr. - Das Nächste, an das ich mich noch erinnern kann, war das mühsame Aufwachen neben der Mülltonne, mit schmerzenden Knochen und einem Brummschädel. Na ja, der erste Versuch war fehlgeschlagen. Obwohl es unglaubwürdig erscheint, kann man auch unter höchster Nervenanspannung einpennen. Macht nichts, schließlich hatte ich noch zwei Nächte vor mir. Da musste es einfach klappen!

Und siehe da, am nächsten Tag hatte es auch geklappt. Um zehn Uhr am Abend kam der nette Liebhaber vorbei und um zwölf hatte ich mich entschlossen zu handeln. Nach zwei Stunden, mussten sie - meinen Vermutungen zufolge - schon kräftig bei der Sache sein. Vorsichtig näherte ich mich der eigenen Haustür, machte sie leise auf und schlich mich hinein. Aus dem Schlafzimmer drangen die unverwechselbaren Geräusche an meine Ohren. Der Zeitpunkt war gerade richtig. Ich nahm meine Kamera und schlich zur Schlafzimmertür. Eigentlich hätte ich auch wie ein Elefant trampeln können, denn die Action war voll im Gange, und sie hätten mich wahrscheinlich sowieso nicht gehört. Wie dem auch sei, Vorsicht war trotzdem geboten. Ich öffnete die Tür, nur einen Spalt weit, und schoss ein paar hübsche Fotos. Dann verließ ich die Wohnung wieder leise. Die erste Phase meines Planes war somit erfolgreich abgeschlossen!

Ungefähr eine Woche nach meiner "Dienstreise" bekam meine Frau einen Brief mit folgendem Inhalt:

Sehr geehrte Frau Scholl,

vor kurzem bin ich - durch besondere Umstände - die für Sie unwichtig sind, in den Besitz der beiliegenden Fotos gekommen, die Ihre äußerst intensiven außerehelichen Aktivitäten belegen. Falls Sie nicht wünschen, dass Ihr Mann sie zu sehen kriegt, bitte ich Sie, meine zukünftigen Anweisungen genauestens zu befolgen. Ich brauche Sie eigentlich nicht darauf hinzuweisen, dass jegliche Verwicklung von Polizei in dieser Angelegenheit nur unerwünschte Folgen für Sie hätte.

Mit freundlichen Grüssen
Ihr Erpresser

Na ja, ihre Reaktion können sie sich sicherlich vorstellen. An diesem Tag war sie sehr nachdenklich und sah auch sehr besorgt aus. Auf meine unschuldigen Fragen, was mit ihr los wäre, antwortete sie nur mit einem verlegenen "nichts Besonderes, bin nur etwas müde", was mir ein ungeheures Triumphgefühl verschaffte. Ich hatte sie am Hacken! Das Ganze war sogar noch aufregender als ich es mir zuvor gedacht hatte.

Am nächsten Tag bekam meine Frau dann einen Brief, in dem sie aufgefordert wurde, fünfundert Mark unter einen Stein im Hinterhof eines Hauses in der Stephansstraße zu legen. Ich ging dabei natürlich ein gewisses Risiko ein, nämlich, dass meine Frau vielleicht doch den Mut hatte, die Polizei zu rufen. Hatte sie aber nicht.

Außerdem, was ist schließlich ein Leben ohne Risiko? Nicht gerade sehr aufregend. Am Abend bin ich dann unter einem Vorwand aus dem Haus geschlichen und begab mich zur Stephansstraße. Im erwähnten Hinterhof fand ich auch das Geld. - Fantastisch! Am nächsten Tag eröffnete ich dann ein neues Konto und zahlte fünfhundert Mark ein. Die Sache fing an mir zu gefallen.

- Das ganze Spiel läuft übrigens jetzt schon seit einem Jahr. Meine Frau geht immer noch fremd, und ich kassiere immer noch Geld dafür. Nun habe ich viel mehr Geld zu meiner eigenen Verfügung - für das ich auch keine Rechenschaft vor meiner Frau ablegen muss - als vorher. Von diesem Geld erlaube ich mir dann auch ab und zu mal ein kleines Seitensprüngchen! - Und was mir am meisten daran Spaß macht, ist die Tatsache, dass ich meine Seitensprünge hauptsächlich mit dem Geld meiner eigenen Frau finanziere. Nicht viele Männer können so etwas von sich behaupten. Das erste Trauma des Betrogenen habe ich schon längst verkraftet, - es war ja auch schließlich nicht besonders stark bei mir. Also könnte ich sagen, mein Leben läuft wie es laufen soll, kann mich nicht beklagen. Ach ja, ich muss jetzt noch schnell ans andere Ende der Stadt laufen und Geld abholen, nicht, dass es noch jemand anderes entdeckt. Also, tschüss, ich muss mich beeilen.

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