© der Geschichte: Guido Langer. Nicht unerlaubt
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Wegbeschreibung

Als er die Tür der Arztpraxis hinter sich schloss, wehte ein warmer Sommerwind, trotzdem fröstelte ihm als er langsam Richtung Innenstadt ging.
Nun war es also sicher: Lungenkrebs. Ein halbes Jahr noch, vielleicht ein Jahr, mit viel Glück etwas länger. Aber was ist das schon wenn man erst 38 ist? Er dachte an das, was jetzt kommen würde, ständige Untersuchungen, Chemotherapie, Operationen.
Er war wie benebelt als er durch die Fußgängerzone ging, Ein Jugendlicher kam ihm Zigarette rauchend entgegen. Er sah die Zigarette und geriet plötzlich in Wut: "Hör auf zu rauchen", rief er, "der Scheiß bringt dich um." Noch im gleichen Moment wusste er, daß es blödsinnig war, zu versuchen jemandem gesundes Leben zu befehlen. Als wolle er ihn bestätigen rief der Junge: "Halt's Maul du Arsch, kümmere dich um deinen Scheiß!"
Um seinen Scheiß kümmern, ja, das würde er tun müssen. Nur was gab es jetzt noch zu tun? In seiner Hoffnungslosigkeit kam ihm immer wieder ein Wort in den Sinn: Selbstmord. Was hatte er denn noch zu erwarten außer Schmerzen und Angst? Er versuchte diese Gedanken zu verdrängen und ging in eine Kneipe. Vielleicht würde der Alkohol ihn ja etwas ablenken.
Doch das Bier schmeckte schal und der Qualm in der Bude trieb ihn wieder nach draußen.
Er erinnerte sich daran, wie oft er versucht hatte mit dem Rauchen aufzuhören. Einmal sogar ein dreiviertel Jahr lang. Doch dann war er sich wieder zu sicher gewesen; eine beim Bier kann ja nicht schaden, hat er gedacht.
Schwachsinn! Kein Mensch raucht eine beim Bier. Man raucht innerhalb kürzester Zeit wieder 10 beim Bier, und dann die leckere nach dem Essen und dann die, wenn man genervt ist und so weiter.
Doch was machte das jetzt noch aus? Er hatte den Krebs und er würde daran zugrunde gehen. Vielleicht wäre es wirklich besser, die Sache etwas zu beschleunigen.
In solch düsteren Gedanken versunken, hatte er gar nicht bemerkt, daß er inzwischen schon an der Einfahrt zu seinem Haus war. Seiner Familie hatte er noch nichts erzählt, er wünschte, sie würden es nie erfahren. Er ging zur Haustür und wollte gerade aufschließen, da wurde die Tür von innen aufgerissen und er blickte direkt in die lachenden, vor Freude strahlenden Augen seiner fünfjährigen Tochter. Nie würde er diesen Blick vergessen. Denn in diesem Augenblick wurde ihm klar, daß er sich nicht umbringen würde, er würde alles versuchen, um am Leben zu bleiben und er würde den verfluchten Krebs bis zu seinem letzten Atemzug bekämpfen.

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