© der Geschichte: Sgt. Zapper. Nicht unerlaubt
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Kein Heldenwetter

Wenn es regnet, funktioniert es nicht, heisst es.
Die Luftfeuchtigkeit soll es binden und ohne Wind sinkt es dann schnell zu Boden.

Nie konnte ich mich über Nieselregen freuen. Und jetzt tropft er mir schon seit Minuten in den Kragen. Zuerst wird alles feucht, Du ahnst nur, wie das schwere Gewebe des Mantels sich vollsaugt. Dann spürst Du es langsam, wie es feucht in die Knochen kriecht.
Und irgendwann tropft es von der Mütze, vom Haaransatz, der darunter hervorlugt hinten in den Kragen. Nicht viel. Nur ein, zwei Tropfen in unregelmässigen Abständen.
Fallen hinein und laufen ein Stück am Hals entlang, bis sie vom Kragen des Feldhemds aufgefangen werden.
Du fängst an sie zu zählen. Aber Du vergisst sie immer wieder und verlierst Dich in Gedanken.

So merkwürdig still ist's.
Nass und still. Regenstill.
Der Nieselregen drückt die und uns in den Matsch vom Graben und da hocken wir in den Mänteln, niedergedrückt wie Saatkrähen auf dem Feld.

Es soll Würgen und Husten machen.
Es soll wie Nebel sein, der über die Felder treibt und sich über die Gräben legt, wie ein Tuch legt es sich über die Gräben und macht Würgen und Husten.
Und wenn sie kommen, die Kameraden von hinten kommen, um das Tuch wegzuziehen, liegen sie unten, am Boden des Grabens.
Junge, Alte, Frontschweine und Jungfüchse, liegen am Boden und rühren sich nicht mehr.
Wenn es zu lange dauert, bis der Graben wieder genommen ist, macht das Verscharren Schwiergkeiten, weil sie in den unmöglichsten Stellungen zusammengekrampft erstarrt sind.
Ordentlich in Reih und Glied angetreten sind sie und dann treten sie kreuz und quer ab.

Da drüben bewegt sich was. Irgendwer läuft den Graben entlang und das Feldkäppi kommt immer wieder etwas zum Vorschein.
Irgendwo da weiter links muss er über irgendwas drüber steigen, wenn er unvorsichtig ist, kommt der Kopf ein wenig zu weit heraus.
Ich kann das nicht und werd's auch gar nicht erst versuchen.
Der Franz Kofler, der kann's. Ist nichtmal ein Scharfschütze, aber sein Vater ist Jäger und er durfte immer mit auf Ansitz. Wenn der Franz da wär, der würd jetzt durchladen und ganz ruhig anlegen. Und warten. Bis der die Stelle erreicht, wo er aufpassen muss.

Das ist wie mit dem Wild. Die kommen ganz vorsichtig raus und wittern und suchen und dann, wenn sie glauben es sei sicher, werden sie unvorsichtig.
Und dann hat sie der Franz im Visier.
Beim Wild ist es wichtig, daß man genau das Blatt trifft, hat er gesagt. Es verspringt sonst bloss und man hat eine ewige Lauferei, um es einzuholen und nur unnötige Arbeit es wieder rauszuziehen, um es abzutransportieren. Finden tut man es leicht, man braucht bloss der Blutspur zu folgen, aber es ist eine Mordsarbeit hinterher. Die Viecher sind ja ziemlich schwer, besonders, wenn sie noch warm sind, wie ein nasser Sack, bloss halt schwerer, hat er gesagt.

Bei den Käppis ist es egal, hat er gesagt. Die fallen ja sowieso in den anderen Graben und holen brauchen wir sie ja nicht, hat er gesagt und gelacht. Der Franz Kofler war schon ein richtig guter Schütze. Und wenn der jetzt da wär, würd er schon durchgeladen haben und schon anlegen, dort auf den Punkt wo der Kopf vielleicht ein wenig höher kommt. Ganz ruhig, der Franz hat eine wahnsinnig ruhige Hand und zittert nie. Am besten ist, hat er gesagt, Du atmest aus, bevor Du Druckpunkt nimmst, dann bist Du ganz entspannt und verreisst am wenigsten. Und dann muss es schnell gehen, ein paar Sekunden hast Du, bevor Du wieder schnaufen musst.
Der Franz hätt den Punkt jetzt schon im Visier.

Jetzt ist der mit dem Käppi nämlich schon fast an der Stelle angekommen. Irgendwas verstellt da den Graben. Da müssen die immer drüber und wenn sie sich zuwenig ducken, dann holt sie der Franz.
Da... - jetzt ist der da... - muss sich bücken und drüberklettern... - und da, das Käppi, taucht ganz kurz auf und - fitsch, jetzt hätt der Franz Kofler den gekriegt, das war lang genug. Aber ich kann das nicht. Deshalb probier ich's erst gar nicht.

Morgen ist der Franz wieder da.
Hat Sonderurlaub gekriegt. Aber morgen muss er wieder kommen.
Ist ein lustiger Kerl. Witze erzählen kann der. Dann haben wir wieder was zu lachen.

12.7.2000

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