© der Geschichte: Mathias Burkert. Nicht unerlaubt
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Deutsch-Russische Freundschaft

Schauspiel in drei Akten
(Auszüge)

I, 1

Licht auf der rechten Bühnenseite: Warte-Ecke eines Flughafens. Auf den Sitzen zwischen zwei Mülleimern hat sich ein Last-Minute-Reisender niedergelassen. Um ihn herum stehen und liegen Koffer und Taschen. Der junge Mann hält einen Stapel loser Blätter in den Händen: Angebote von Reiseveranstaltern, unter denen er auswählt. Einmal im Verlauf der Szene breitet er sämtliche Alternativen übersichtlich vor sich aus.
Ab- und an verkündet eine Lautsprecher-Ansage die Streichung eines Fluges. Jedesmal unterbricht der Reisewillige das Studium der Angebote, um zu blättern und ein Stück seiner Sammlung erleichtert zu zerknüllen und wegzuwerfen.
Dreimal fährt er entschlossen auf, greift sein kaum handhabbares Gepäck und eilt fort; kommt aber wenig später wieder, und zwar
1) verärgert: Der Flug, den er sich ausgesucht hat, findet nicht statt. Eine entsprechende Durchsage ertönt - woraufhin er das zugehörige Blatt zerknüllt -, die aber sogleich widerrufen wird. Er glättet den knittrigen Zettel und steckt ihn zu den anderen, legt den Haufen einen Moment zur Seite und schmollt.
2) grüblerisch: Er hat seine Wahl verworfen. Ein bestimmtes Angebot, vor dem Weggehen zusammengefaltet und gesondert weggesteckt, wird hervorgekramt und nach nochmaligem Durchlesen zerfetzt. Als einziges war es pinkfarben.
3) entmutigt: Er trägt außer dem Gepäck einen Packen von Angeboten, der größer ist als je zuvor. Beim Sortieren zeigt sich, dass auch ein pinkfarbenes dabei ist.
Manchmal verliert er beim Losgehen etwas oder vergisst gleich alles und kehrt deshalb, kaum außer Sicht, hastig zurück, um das Vermisste zu holen. Ebenso passiert es ihm, dass er abseits der Bühne etwas liegen lässt. Um jedoch eine Einzelheit vom Boden aufzuheben, muss er stets alles Andere ablegen. Wie er herausfindet, fällt ihm sonst - wenn er es mit einer Hand versucht - ein anderes Teil seiner Habe herunter. Unvermeidlich.
Nach vielem Hin- und Her wirft er schließlich alles nieder und bleibt heftig atmend neben dem Haufen stehen, ins Leere stierend. Von hinten tritt eine Frau an ihn heran, springt ihm auf den Rücken, klammert sich fest. Er schreit, möchte sich losmachen. Beide fallen um, setzen sich auf und schauen sich an.

Jürgen Was wollen Sie von mir?
Die Dame Gar nichts. Du bist derjenige der etwas wollen sollte. Dann würdest du mich irgendwann treffen und alles wär bestens. Du könntest zufrieden sein. - Aber wenn du nicht willst, komm ich halt irgendwann auf dich zu und fall dir um den Hals und zur Last, dräng mich regelrecht auf, bin durch nichts mehr zu vertreiben … Das ist so meine Art.
Jürgen Wer sind Sie?
Die Dame Das weißt du ganz genau. Du verdrängst es bloß.
Jürgen Lassen Sie mich in Ruhe!
Die Dame Ich denk nicht dran. Diesmal nicht.
Jürgen Ich schreie.
Die Dame Du solltest meinsgleichen begrüßen, umarmen - nicht abwehren und dich verschließen. Auf Händen und Füßen bewegt sie sich aufreizend zu ihm hin.
Jürgen zurückweichend Was haben Sie vor?
Die Dame Wär doch langweilig wenn du das wüsstest. Übrigens kannst du mich duzen. Unser Verhältnis ist ziemlich persönlich. Komm her!

Die Dame jagt Jürgen um die Sitze herum - erfolglos.

Die Dame Ich weiß wie ich dich kriege. Macht sich an seinem Gepäck zu schaffen.
Jürgen Meine Sachen! - Hilfe, haltet die Diebin!
Die Dame
Sei still! ICH renn doch nicht weg, sondern du. Öffnet mehrere Gepäckstücke und packt aus. Lauter Oberhemden kommen zum Vorschein. Hast du nichts als Hemden eingepackt?
Jürgen peinlich berührt Ich war mir nicht sicher, welche ich anziehen würde. Das entscheide ich am Liebsten spontan, wenn es soweit ist.
Die Dame Nichtmal Unterhosen! Ferkel! - Oder trägst du keine …?
Jürgen Hören Sie auf rumzukramen!

Ein Zuhälter tritt hinzu.

Zuhälter Jibts nen Problem? Ick helfe.
Jürgen dreht sich um Wer sagt das?
Zuhälter Icke, Kalle … Wachdienst. Allet OK?
Jürgen Sie hat mich überfallen -
Die Dame verbessert Überrascht.
Zuhälter Ick könntse Ihnen abnehmen, Kumpel.
Jürgen Tatsächlich.
Zuhälter Klar. Belästigt die Sie? Kalle kümmert sich drum.
Die Dame zu Jürgen Vergiss was er sagt! - Ich gehöre dir.
Zuhälter Überlassen Se se mir!
Die Dame zu Jürgen Das kannst du nicht tun!
Zuhälter zur Dame Selbstverständlich kann er. Zu Jürgen Is ja wohl Ihre Entscheidung. Und? Wie iss?
Jürgen Weiß nicht. Ist mir eigentlich egal.
Zuhälter packt die Dame um die Hüfte. Gut.
Jürgen Halt! Erschrickt über seine Entschlossenheit, Einhalt zu gebieten. Ich meine … Wissen Sie, zu neunundneunzig Prozent steht meine Wahl fest. Aber irgendwie … Ich müsste es mir in Ruhe überlegen. Hm. - Könnten Sie vielleicht die Frage wiederholen?
Zuhälter Kommse. Een Wort, dann isse fort.
Die Dame Das ist ja wohl …
Zuhälter Een Wort, dann isse fort.
Die Dame Ich verstehs einfach nicht! Bist du ein Mann oder nicht? Nimm mich an! Was zögerst du?
Jürgen Dann muss ich mit dir leben?
Die Dame Genau. Was ist daran schlimm?
Jürgen Die Folgen sind nicht abzusehen!
Die Dame Du, es wird sicher schön.
Jürgen lässt den Kopf sinken.
Die Dame Schau mich an! Bin ich dir vielleicht nicht gut genug? Willst wohl auf die nächste warten, wie?
Typen wie dich kenn ich. Wenn du vor meiner Nachfolgerin stehst - selbst wenn sie attraktiver sein sollte als ich - wirst du wieder versuchen auszuweichen, Feigling! Du wirst dich wundern: Irgendwann werden sich dir nur noch die extrem Hässlichen anbieten und danach gar keine mehr. Möchtest du bis dahin hier herumsitzen und nichts tun?
Jürgen Es gibt genügend Probleme, die mich beschäftigen.
Die Dame Du kannst sie jetzt alle mit einem Mal lösen.
Jürgen verwegen Ich meinte globalere Probleme, Aber Eigentlich hast du Recht. - Zum Zuhälter Herr … -
Zuhälter Kalle.
Jürgen Könnten wir … Jürgen weist auf eine Ecke im Hintergrund, wohin der Zuhälter und er sich zurückziehen, um zu tuscheln.
Die Dame zum Publikum Verstehen SIE das? Sie posiert. Bei dem muss doch was kaputt sein.

Jürgen und der Zuhälter kommen zurück.

Zuhälter Sie verstehn wat von jute Jeschäfte.
Jürgen Ich überweise Ihnen das Geld sobald ich wieder da bin. Forsch Wegen des Mengenrabatts reden wir nochmal.
Zuhälter Rufen Se einfach an wenn Se wieder was zu verschieben haben.
Jürgen Mach ich bestimmt.
Zuhälter Zeit is ejal. Ick bin rund um die Uhr im Einsatz. - Wenn Se noch kurz mit festhalten würden …

Die Dame wird gefesselt. Ein Oberhemd dient als Zwangsjacke, ein anderes als Knebel, ein drittes schnürt ihre Fußgelenke zusammen. Auf seiner Schulter trägt der Zuhälter das Paket fort.

Black


I, 3

Licht rechts: Die Warte-Ecke. Jürgen, über mehrere Stühle ausgestreckt, wacht auf, kriegt einen Schreck, sieht nach seinem Gepäck: es ist vollständig. Noch einmal erschrickt er. Blick auf die Uhr, er rafft sein Zeug zusammen und geht ab.

Black


II, 3

Die Küche, dunkel. Erleuchtet ist nur ein nach vorn hin offenes Zelt mit Campingstühlen und einem Tisch. Darauf eine Glaskugel. Igor, als Zigeuner verkleidet, komplimentiert einen Kunden aus dem Zelt.

Kunde Hören Sie, ich bin der Chef des größten deutschen Automobilkonzerns weltweit. Es ist wichtig, dass Sie mir das jetzt sagen. Da hängen Arbeitsplätze dran, verstehn Sie denn nicht? Schicksale, Anlegervertrauen.
Was heißt das: EINE GEFAHR VON JENSEITS. Die Konkurrenz aus Amerika? Jenseits des Atlantik? Ein Herzinfarkt, der mich ins Jenseits befördert? Diese Ungewissheit bringt mich um. Das können Sie nicht - ! Dunkle Gestalten, Freunde Igors, bringen den Kunden von der Bühne.
Igor Auf Wiedersehen.
Kunde Da können sie wetten! Ich komme wieder! Mit Halbheiten geb ich mich nicht zufrieden!

Melanie, eine Frau in schickem Hosenanzug, mit großen Kreolen im Ohr und exotischem Modeschmuck um den Hals, betritt das Zelt, wohin die dunklen Gestalten sie geführt haben.

Melanie Hi!
Igor Pst! Sie soll sich setzen. Er konzentriert sich.
Melanie Was starren Sie mich so an?
Igor Ich nehme Ihre Aura auf.
Melanie Sie benutzen eine Kristallkugel, was hat die mit meiner Aura zu tun?
Igor Ich bin Medium zwischen Ihre Aura und Kugel.
Melanie Die funktioniert nicht über kosmische Strahlung? Na gut, andere Technik, warum nicht.
Igor Sie waren schon einmal bei einem Wahrsager???
Melanie Nein, ich hab bislang immer mit Horoskopen gearbeitet. Aber es hat sich gezeigt, dass darauf kein Verlass ist: SO missverständlich! Man liest: Heute ist Ihr Glückstag! Und am Abend stellt man fest man dass es ironisch gemeint war. Außerdem sind Horoskope ja sehr allgemein formuliert. Vom Einzelschicksal wird völlig abstrahiert, es geht nur nach Sternzeichen. Und dabei kann man die Rolle des Aszendenten gar nicht hoch genug einschätzen!
Aber diese ganzen Zusammenhänge genau zu durchschauen, ist eine Wissenschaft für sich. Darum möchte ich jetzt auf eine individuellere Vorhersage umsteigen - von einem Experten. Und ihr Volk ist ja dafür bekannt, den sechsten Sinn im Blut zu haben. Ich habe mich informiert. Die Ursprünge der Sinti und Roma liegen Theorien zufolge in Indien. Ja und in Indien, wo Leute auf Nagelbrettern sitzen oder auf dem Bauch zu heiligen Stätten pilgern, gibt es noch echte Weisheit, eine Jahrtausende alte Tradition von Mystik und Magiem überliefert von einer Generation zur nächsten. Aber was rede ich fahren Sie fort.

Igor reibt die Glaskugel und mustert dabei Melanie.

Melanie unterbricht Stört Sie mein Ring? Es ist ein Kryolith mit einem sehr starken Kraftfeld.
Igor poetisch Ihre Aura ist stärker. Überstrahlen alles. Sie sind eine ganz besondere Mensch.
Melanie Och, schön wie Sie das gesagt haben! Warten Sie, das muss ich mir aufschreiben. Schreibt in ihren Kalender. Ihre Aura … - Sie kucken so. Interessiert sie mein Kugelschreiber? Das ist der Name des Konzerns, wo ich arbeite. Sie können ihn haben wenn Sie wollen.
Igor Nein danke, können wir … Er möchte weiter machen.

Igor reibt mechanisch die Glaskugel und mustert weiterhin Melanie.

Melanie Ich habe heute ein bisschen viel Make-up aufgetragen, ich weiß. Es ist mein Geburtstag müssen Sie wissen. Deshalb auch das Konfetti in meinem Haar … Sie verstummt, da Igor nicht reagiert. Er scheint zu schnuppern.
Oje, mit dem Parfüm hab ich wohl auch übertrieben. Dabei ist das überhaupt nicht notwendig. Der Verkäufer meinte schon kleinste Mengen würden stark erotisierend wirken.
Igor vertieft in die Kugel Ich sehe einen Mann kommen, er ist ihr Kollege.
Melanie Norbert.
Igor Ich sehe Namen. Norbert. Ein Bankier.
Melanie Versicherer. Wir sind ein Versicherungsunternehmen.
Igor OK. Versicherungsunternehmen. - Norbert.
Norbert: Etwas behindert -
Melanie Behindert! Oh Gott, doch nicht ein Unfall?
Igor Etwas behindert Norbert, zu dir zu kommen.
Melanie Das stimmt. Er ist verheiratet. Wir schlafen nur miteinander. Meinen Sie er könnte sich scheiden lassen?
Igor Moment, ich muss Glaskugel fragen. Norbert. Wie alt bist du, Norbert?
Melanie Fünfundvierzig.
Igor Kinder?
Melanie Drei.
Igor Vergiss es.
Melanie War mir absolut klar. Charakterlose Memme. Und sonst?
Igor entnervt Die Kugel kann dir leider nichts sagen, das du nicht schon Bescheid wissen. Du bist … verschlossen.
Melanie Kann ich vielleicht selbst mal einen Blick werfen?
Igor Nein. Pause. Du bist eine Frau mit viel Erfolg in Berufsleben und Männer Angst haben vor Frauen, die ihnen Show wegnehmen. Darum du musst dir Mann selbst auswählen. Darfst nicht warten auf deutsche Männer. Deutsche Männer nicht mutig. Deutsche Männer tanzen nicht, wenn nicht sind Tänzer oder betrunken.
Melanie Kannst du da drin eigentlich auch Telefonnummern sehen? Ich heiße Melanie.

Igor lässt mit undeutbarem Gesicht die Glaskugel zu Boden -

Black


II, 4

Jürgens Küche, abgedunkelt. Verrauschte Musik aus einem Kassettenrekorder. Igor führt inmitten einer fröhlichen Horde Russenmänner einen Volkstanz auf. Die Luft ist dunstig. Wodka- und Weinflaschen stehen und liegen herum. Jürgen erscheint und dreht die Musik leiser - kurzzeitig ganz leise, dann doch wieder etwas lauter.

Jürgen Igor! Er schaut sich um und entdeckt auf dem Küchentisch eine kleine Waage; Plastikfolie, Mehl, Tablettenschachteln und eine Kaffeemühle. Er hebt alles kurz hoch und benennt es verwundert. Igor, was bitte ist das hier?
Igor aus dem Männerkreis in den Vordergrund kommend Natürlich ist kein echtes Kokain sondern Aspirin, zermahlen mit deiner Kaffeemühle.
Jürgen Was sollen all die Leute?
Igor Wir feiern meine erfolgreiche Sprachprüfung.
Jürgen Ja herzlichen Glückwunsch noch mal. Ich dachte zwar die hättest du schon letzte Woche -
Igor Und den Hochzeitstag von Vládimir.
Jürgen Vládimir. Seine Frau - scheint nicht mitzufeiern? Kuckt.
Igor Sie muss auf Kinder aufpassen.
Jürgen Wo ist Katja?
Igor Ist im Wohnzimmer und schläft.
Jürgen will aus dem Zimmer gehen, Polizisten kommen ihm entgegen. Hab ich die Tür offen …?
Einsatzleiter Guten Abend, meine Herren. Dies ist eine Razzia.

Volles Licht. Polizei verteilt sich im Raum. Ausweise werden kontrolliert.

Igor flucht Matschá! Geht schnell zu den anderen Russen.

Einige Polizisten sehen sich um. Einer öffnet die Tür zum Wohnzimmer, macht Licht - Staunen. Er geht langsam hinein und kommt wieder heraus.

Polizist Achim, gib mir mal das Funkgerät. Ich mussn Kennzeichen durchgeben.
Einsatzleiter zu Jürgen Sind Sie der Mieter?
Jürgen Was wollen Sie?
Einsatzleiter Entschuldigen Sie unser Eindringen. Wir hatten einen begründeten Verdacht … und eine richterliche Anordnung. Herr Jironow ist schon mehrmals auffällig geworden. Als Wohnsitz hat er jedesmal Ihre Adresse angegeben.
Jürgen Das stimmt.
Einsatzleiter
Diese Wohnung steht seit geraumer Zeit unter Beobachtung. Geht viel Publikum ein und aus, und keine Unbekannten.
Jürgen Wie. Davon weiß ich nichts.
Einsatzleiter Das wundert mich nicht. Der Verkehr spielte sich stets genau dann ab, wenn Sie außer Haus waren.
Jürgen Sie meinen, Igor …
Einsatzleiter Wir nehmen ihn jedenfalls erst mal mit und das da Deutet auf das Pseudo-Kokain. lassen wir analysieren. Länger als wie für Fingerabdrücke nötig ist werden wir ihn aber nicht festhalten können. Drogenfälschung oder Vorgetäuschter Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz ist meines Wissens kein Delikt.
Jürgen mit verhaltener Empörung Igor ist … mein Freund.
Einsatzleiter Die Polizei wird Ihnen da nicht reinreden. Ich dachte nur … Wie auch immer, einen schönen Abend. Und räumen Sie mal auf.

Die Polizei zieht sich, Igor und einige Partygäste eskortierend, zurück. Die andern Gäste gehen auch. Jürgen steht allein in großer Unordnung und in der Wohnzimmertür plötzlich Katja. Sie ist schwanger.

Katja Mehrere Anzeigen laufen gegen ihn. Jürgen merkt auf und schweigt betreten. Man könnte ihn deswegen ausweisen, aber man könnte nicht, wenn …
Jürgen Wenn was? Was soll ich jetzt wieder machen?
Katja … wenn er Melanie heiratet.
Jürgen Melanie?
Katja Melanie hat auch guten Anwalt.
Jürgen Wer ist Melanie?
Katja Eine Deutsche. Demnächst wird er umziehen zu ihr.
Jürgen Er will dich im Stich lassen???
Katja Er will mich nicht im Stich lassen, er lässt mich nicht im Stich. Er wird mich unterstützen, mit Geld.
Jürgen Das er wie verdient, mit dem Verkauf von Aspirin?
Katja Er hat versprochen schnell Studium abzuschließen, und Melanie -
Jürgen Er ist nicht auf Pharmazie umgestiegen, nein?
Katja Er meint ernst. Und er tut, was er sagt.
Jürgen Wollen wirs hoffen. Meine paar Hunderter. - Und diese Melanie, was ist das für eine?
Katja Du wirst sehen, Igor ist in guter Hand. Sie ist klug, schön, sehr hilfsbereit, großzügig.
Jürgen Ja, da lässt es sich bestimmt aushalten für Igor. Kann ich mir vorstellen. Na, ich wünsch ihm Glück, dass alles so klappt, wie er sich das denkt. Dass er bleiben kann.
Katja Und ich? Kann ich bleiben?
Jürgen Natürlich bleibst du. Wo sollst du sonst hin.
Katja Danke, Jürgen. Katja nähert sich Jürgen und schmiegt sich an ihn.
Jürgen Ich würde mich doch langweilen alleine. Irgendwie bin ich immer der Arsch, der alles abkriegt.
Katja Aber gibt auch eine gute Neuigkeit. Zeigt auf die Wohnzimmertür. Schau mal!

Jürgen geht zur Wohnzimmertür - Staunen. Er geht langsam hinein und kommt wieder heraus.

Jürgen Da steht ein Auto im Wohnzimmer. Ein Kombi mit einem Kinderwagen hinten drin. Wie kommt der da rein? Wie kommt der Kombi ins Wohnzimmer?
Katja Es war Igors Idee und seine Freunde haben geholfen. - Sie machen auch wieder auseinander und draußen zusammen. Kein Problem, sagt Igor.
Jürgen Das sagt Igor immer. Zum Wohnzimmer Unglaublich. - Das Auto ist doch nicht, ist doch nicht …
Katja Melanie hat bezahlt und Igors Freunde den Kinderwagen.
Jürgen Melanie.
Katja Er hat ihr erzählt du rettest kleine Kinder. In Afrika. Sie war sehr gerührt.
Jürgen Das Aas. Ich will Kinderarzt werden, richtig, vielleicht auch in Afrika. Aber ich hab doch grade erst angefangen zu studieren. Dass man immer so unter Druck gesetzt wird. - Und was hat er dieser Melanie erzählt dass sie ihn heiratet.
Katja Igor hat bei Frauen gute Argumente. - Ah, du wirst sie kennen lernen, Melanie. Wir fahren zu viert zu ihre Haus auf Fehmarn.
Jürgen Habt ihr nicht NOCH eine Überraschung für mich? Bekommst du vielleicht Drillinge?? Das wird mir alles zu viel.
Katja ihn streichelnd Jürgen.
Jürgen Ja ja, wir fahren. Mit dem Auto. Als Mediziner kann ich das freilich nur befürworten. Und wir brauchen, glaub ich, alle einen Tapetenwechsel. Katja gähnt. Übrigens, wo soll ich heut Nacht schlafen? Ich kann doch die Couch so nicht ausklappen.
Katja Ich schlafe auf der Couch. Ins Wohnzimmer ab.
Jürgen Ist das nicht furchtbar unbequem? Katja folgend ab.

Vorhang


III, 4

Jürgen wacht im Doppelbett neben Melanie auf. Er streicht ihr mehrmals über den Bauch, erschrickt, setzt sich auf.

Jürgen Melanie, das bist ja du!
Melanie schläfrig Was hast du? Als Jürgen aus dem Bett raus will, hält sie ihn fest. Wo willst du hin? Lass vor allem die Decke hier.

Jürgen entkommt, steht vor dem Bett, bedeckt sich. Er ist nackt. Im Wohnzimmer nebenan eilt Igor, notdürftig bekleidet, aus einer Tür. Er beginnt aufzuräumen.

Melanie Du brauchst dich doch nicht zu schämen.

Jürgen nimmt von einem Haken Melanies Morgenmantel, zieht ihn an und geht ins Nachbarzimmer.

Jürgen überaus freundlich Ach, guten Morgen Igor. Auch schon auf.
Igor Ist fast zwei Uhr. - Hübscher Mantel.
Jürgen Igor! Warum wache ich im Bett deiner Verlobten auf? Wie kommt das?
Igor Du warst so fröhlich gestern, ich wollte dass du Spaß hast. Du hast zu wenig Spaß.
Jürgen Sie ist deine Verlobte. Und wenn ich Spaß brauche, dann sorge ich schon selbst dafür.

Melanie kommt dazu.

Igor Ich habe noch nicht gesehen.
Melanie Jürgen, Schatz, reg dich ab. So läuft das bei uns. Ich habe öfter mal was mit jemand anderem. Igor weiß davon. Meist mit Frauen. Wir haben eine ganz besondere Beziehung, Igor und ich. Nicht wahr, mein Schatz?
Jürgen Das wird immer verrückter.
Melanie Was ist denn los? Hat es dir nicht gefallen? Ich finde jeder braucht so viel Zärtlichkeit wie er kriegen kann, auch du.
Jürgen Warum führt ihr nicht eine wilde Dreierehe. Aber lasst mich bitte raus. Ich teile bei so was nicht. Da bin ICH mal egoistisch.
Melanie Was ist denn bloß los? Du hast Katja, bald auch noch ein kleines putziges Baby. Ich kann keine Kinder kriegen.
Jürgen trotzig Ich auch nicht.
Melanie Oder ist es etwa nicht dein Kind?

Black

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