Das Thema ist leider so einfach, dass es für viele schwierig wird, nachzuvollziehen, warum denn der Mensch ein Irrtum sein sollte?
Fangen wir am besten bei der Zeugung an, wo für jeden von uns der ganze Schlamassel beginnt:
Die Eizelle wird befruchtet, ein Embryo wächst heran.
Glaubt ihr, dieses Kind fragt sich nach dem Sinn des Lebens?
Nein.
Es ist vollständig mit der Mutter verbunden.
Die Uhren des Kindes laufen synchron zu denen, der Mutter.
Wenn sie isst, isst das Kind.
Wenn sie tanzt, tanzt es ebenso.
Wenn sie traurig ist, ist es auch traurig.
Der heranwachsende Mensch ist ein Teil der Mutter.
Der Embryo macht keinen Unterschied zwischen ICH und NICHT-ICH(Mutter).
Das kleine Kind ist erfüllt von Seligkeit und Frieden.
Bei der Geburt wird es von seiner Mutter getrennt.
Es wird hinausgeworfen in die Welt und ist auf sich gestellt.
Wahrscheinlich schreit es sich deswegen erst einmal die Seele aus dem Hals.
Langsam beginnt das Kind nun, sein eigenes Leben zu entwickeln.
Es lernt das "mir", das "Du" und dann das "Ich".
Doch sobald das Ich erfahren wurde, kommt die zwingende Frage:
"Was bin ich?"
Und genau dort beginnt das Übel des Irrtums.
Der heranwachsende Mensch wird nun voll allen Seiten zugeschüttet mit Antworten.
Der Vater sagt:
"Du bist mein Sohn."
Die Freunde sagen:
"Du bist mutig und charmant."
Die Lehrerin sagt:
"Du bist ein guter Schüler und wirst es später einmal zu etwas bringen."
Das Kind kann sich seine Identität nun zusammenbasteln.
Ein bisschen von der Meinung der Familie, ein bisschen von den Freunden.
Die Persönlichkeit wird geschmiedet. Ein absolut wichtiger Teil, um in unserer Zeit zu überleben. - wird uns gesagt.
"Du brauchst eine starke Persönlichkeit. Du darfst dich nicht unterkriegen lassen."
Aber die Frage nach seiner wahren Identität, kann der Mensch nur SELBST beantworten.
Niemand sonst kann ihm sagen, wer er ist.
Aber in unserer Gesellschaft, in unseren Schulen wird uns das nie gesagt.
Warum auch?
Unsere eigene Individualität zu entdecken, würde totale Unabhängikeit bedeuten.
Der Staat will keine unabhängigen, sondern "funktionierende" Bürger.
Das Wort persona kommt aus dem Lateinischen und bedeutet "Maske".
Unsere Persönlichkeit ist also nichts weiter als eine Maske;
Eine schicke Verpackung für die ungeklärten Fragen unserer Existenz.

Verfolgen wir mal die Karriere eines intelligenten Mädchens in diesem Beispiel:
Das Mädchen ist mehr als nur schlau und ist in allen Fächern Klassenbeste.
Die Lehrer loben sie..."ungeahnte Zukunftschancen"
In der Ferne steigt schon der Dunst der Phantasie auf..."Du könntest Präsident werden, Botschafter, alles was du willst..."
Das Mädchen hat sich schon ein paar mal nach seinem ICH gefragt..
Aber jedesmal, wenn sie in die Schule kommt, wird diese Frage irrelevant.
Sie ist Klassenbeste. Sie wird einmal alles erreichen können.
Die Frage nach der eigenen Identität ist nun nicht mehr wichtig. Sie wird verdrängt.
Und so kann es passieren, dass das Mädchen sich von Leistung zu Leistung, immer höher auf der Karriereleiter schwingt und dann irgendwann die Frage wieder zurückkommt:
"Wer bist du?"
Langsam wird ihr klar, dass sie ihr ganzes Leben lang den Meinungen anderer gefolgt ist, angestachelt von ihren hervorragenden Leistungen.
Ihr standen alle Türen offen. Alle Chancen. Sie konnte sein, wer sie wollte.
Aber ist es nicht wichtiger erst einmal zu wissen, wer man ist, bevor man sich nach neuen Möglichkeiten der eigenen Inszenierung umschaut?
Seine wahre Identität kann man nicht ändern.
Man ist, wer man ist.
Egal ob ich Präsident oder Müllmann bin.
Jeder Mensch ist ein Individuum und hat ganz spezielle Fähigkeiten.
Obwohl diese Individualität immer so hoch angepriesen wird, handeln die meisten nicht nach dieser Überzeugung.
Unsere Persönlichkeit wird mit der Individualität verwechselt.
Das heißt ich werde also ganz anders von der Gesellschaft akzeptiert, je nach Persönlichkeit.
Nun ist es kein allzu großes Problem, wenn der Mensch die Möglichkeit besitzt, sich eine Persönlichkeit zu schaffen. Dazu braucht man Intelligenz oder einfach nur Geld.
Aber was ist mit armen oder behinderten Menschen?
Sie haben nur eine Identität, eigentlich wie alle anderen auch, nur dass die anderen es nicht mehr wahrhaben wollen.
Die anderen können jemand "sein", also strengen sie sich an, um Ruhm und Respekt in unserer sozialen Komödie zu ergattern, um dann mit prallgefüllten Taschen an Bettlern vorbeizugehen und schuldig auf den Boden zu blicken.

Ich möchte also nochmal zusammenfassen:
Die Frage nach dem ICH, die mit dem SELBST zu beantworten wäre, verfällt in unserer Gesellschaft, wird verdrängt von egoistischen Zielen und Wünschen.
Um uns also nicht der nackten Wahrheit stellen zu müssen, bauen wir uns eine Schutzhülle auf, eine Maske, die den anderen zeigen soll, wer wir sind:
Die Persönlichkeit.
Aber wer sich wirklich der beklemmenden Frage nach seiner wahren Identität stellt, der wird eine Unabhängikeit erreichen, die ihn über das peinliche Spiel der leeren Hüllen nur noch lachen lässt.
Wenn alle Menschen einsehen würden, dass sie in dem engen Gefängnis ihrer erlogenen Persönlichkeit langsam zu Grunde gehen, könnte unsere Welt viel schöner sein.
Denn was ist schöner als Ehrlichkeit?
Die Schwachen müssten nicht mehr neidisch werden, wenn die Starken in ihren scheinbar makellosen Persönlichkeiten daherstolzieren.
Denn niemand ist perfekt.
Lasst uns die Lüge, die wir unser ganzes Leben schon mit uns herumtragen, fortschmeissen und zu unseren Fehlern stehen.
Denn der Mensch kann nur aus Fehlern lernen.

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