Lesung auf dem BuCon in Dreieich

von Thorsten Küper

Eine Lesung ist für Autoren immer ein besonderes Ereignis. Schließlich verbringt man ja die meiste Zeit allein vor dem Monitor und hat selten die Gelegenheit, die Resonanz der Leser unmittelbar zu erleben. Und mal ehrlich: Ich tippe darauf, dass sogar Bestsellerautoren klammheimlich Rockmusiker um ihre Bühneauftritte beneiden - erst recht um ihre Groupies.

Die Gelegenheit zu einer Lesung auf dem Buchmessecon Dreieich wollte ich mir also nicht entgehen lassen und so machte ich mich am Samstag, den 13.10.2001 auf den Weg Richtung Frankfurt - und das zu einer gottlosen Zeit, nämlich um halb neun morgens. Immerhin war es ein sonniger Tag, leicht sommerlich, der mich ausnahmsweise mit dem typischen Wochenendeinheitsgrau verschonte. Im Gepäck: Das Manuskript meiner Story und zwei alte Freunde, Ludger und Henning, die ich als Leibgarde, Hoffotographen und Notpublikum im Falle eines leeren Auditoriums rekrutiert hatte.

[Bild: Ich trete ein Shuttle stellvertretend für alle anderen Kleinwagen, die mich auf der Anfahrt genervt haben!]

Die Hinfahrt gestaltete sich dank der Wetterlage sehr angenehm, wenn auch Ludger auf dem Rücksitz meines kleinen Corsa etwas zu leiden hatte. Leider hatten die Konstrukteure bei Opel wohl nicht vorhersehen können oder wollen, dass sich drei Personen mit einem Gesamtkörpergewicht von etwa 400 kg eines PKWs dieses Typs zu einer Anreise von über 200 km bedienen würden. Immerhin war es mir trotzdem möglich den Wagen auf bis zu 160 Km/h zu beschleunigen - es dauerte eben nur ein Weilchen.

Um die Mittagszeit und gemäß Zeitplan erreichten wir unseren Bestimmungsort und erholten uns dort zunächst bei einem am Kiosk erworbenen Kaffee unbekannter Zusammensetzung. Glücklicherweise war es Ludger mittlerweile möglich, sich auch ohne die Hilfe eines Chiropraktikers selbst zu dekomprimieren, so dass ich mich schon kurze Zeit später mit wieder intaktem Gefolge an der Con-Kasse anmelden konnte.

"Hallo, ich bin Thorsten Küper und soll hier lesen." Ich behaupte auch jetzt noch, für kurze Zeit ein reales, physikalisch existentes Fragezeichen schwebend über dem Kopf des jungen Mannes an der Kasse gesehen zu haben. Ebenso behaupte ich, dass nachdem dessen Sitznachbar meinen Namen tatsächlich am unteren Ende einer Fahndungsliste aufgespürt hatte, ein leises Pling vernehmbar gewesen war.

Ich durfte gratis passieren, musste jedoch feststellen, dass man meinem Gefolge dieses Privileg nicht gewähren wollte. Meine Argumentation, es handele sich um meine Leibgarde und ich als Prominenter müsste mich in Zeiten wie diesen ja besonders schützen, blieben fruchtlos. Ich ahne fast, dass der Typ an der Kasse das mit dem "prominent" irgendwie ernst nahm. Merken: "Nicht alle verstehen Deine Ironie, Thorsten!"

Immerhin kriegte ich die beiden zum Studenten- Rentner, oder Behinderten-Tarif mit durch und so betraten wir endlich die heiligen Con-Hallen. Da, wo sich Welten überschneiden, wo das Unmögliche möglich, das Undenkbare denkbar wird....

Na ja, ich wollte eigentlich nur erst mal aufs Klo.

Bevor ich dieses grundlegende Bedürfnis befriedigen konnte, versperrten mir jedoch zwei äußerst kräftig gebaute junge Männer den Weg. Ein Los sollte ich erwerben , "zu meiner eigenen Sicherheit"....

Etwas verblüfft betrachtete ich die Kleiderschränke im mittelalterlichen Gewand, besann mich dann jedoch meiner Leibgarde und verwies die beiden Wegelager......äh Con-Angestellten an die beiden ebenfalls kräftigen Männer in meinem Gefolge.

Der Weg blieb mir nicht länger versperrt........

Es wäre eigentlich auch schade gewesen, denn auf dem BuCon gab es einiges zu sehen. Vor allem kleinere Verlage präsentierten ihre Produkte und Buch-Sammler kamen im SF-Antiquariat voll auf ihre Kosten. In einem Nebenraum wurde neue SF-Serien vorgestellt und es gab eine ganze Reihe informativer Vorträge und Lesungen - eine davon meine im Rahmen der Vorstellung von "Jenseits des Happy Ends", einer Anthologie in Kooperation herausgegeben von Barbara Jung, Udo Mörsch und Torsten Rybka.

So hatte ich dann auch zum ersten Mal die Gelegenheit Barbara Jung kennen zu lernen, die ich bisher nur durch eines ihrer Bücher kannte und mit der ich einige wenige Emails ausgetauscht hatte. Co-Autor Michael Fritzsche war mit ebenfalls nur durch Mails bekannt und Co-Autorin Maja Rosenberg kannte ich überhaupt nicht.

Überhaupt begegnet man auf Cons wie diesem immer wieder Schriftstellern und Machern, deren Gesichter man höchstens von ihren Internetpräsenzen her kennt - und schon dieses "Ich sehe wen, den du nicht siehst"- Spiel macht das ganze ziemlich amüsant.......

Gefreut habe ich mich übrigens sehr über die "Jenseits des Happy Ends"-Autorentasse, die Barbara Jung uns Autoren überreichte. Bislang bin ich mir nur noch nicht sicher, ob ich sie rechts oder links von meinem Oscar platzieren soll. Links, wäre ganz gut, aber was mache ich dann mit dem Emmy...............ich schweife ab.

Um 14 Uhr geschah endlich das unabwendbare. Die Stunde unseres großen Auftrittes. Schnell wurde demokratisch entschieden, dass ich als erster lesen sollte. Leider hatte ich dabei kein Stimmrecht.........

Guter Dinge machte ich mich also ans Werk und das trotz beklagenswert kleiner Zuhörerzahl, was ich jedoch nicht so furchtbar tragisch fand, war unsere Lesung doch der erste offizielle Programmpunkt und immerhin konkurrierten wir mit der Videovorführung von James Camerons- Serie "Dark Angel". Davon abgesehen weiß ich aus eigener Erfahrung, wie viel reizvoller es ist, mit alten Freunden zu plaudern, oder zwischen Büchern zu stöbern, als eine Lesung zu verfolgen. Doch ich hatte ja vorgesorgt und gleich mein Leib- und Hofpublikum mit angeliefert. Unerwähnt soll auch nicht bleiben, dass es eben doch einige interessierte Zuhörer gab.

So hatten wir Autoren, Maja Rosenberg, Michael Fritzsche und meine Wenigkeit meines Empfindens nach unseren Spaß und ich glaube auch die Zuhörer. Wie es sich für eine Premiere gehört, gab es natürlich auch die obligatorische und für die gute Dramaturgie wichtige Verzögerung.

Erste Exemplare von "Jenseits des Happy Ends" sollten zwar schon um 14 Uhr auf dem Tisch liegen, trafen jedoch erst knappe zwei Stunden später während der Lesung von Barbara Jung ein. Ein erschöpfter Udo Mörsch berichtete hechelnd darüber, wie er seinen Nachmittag in einem Stau verbracht hatte, der sich etwa von Köln bis Frankfurt erstreckt haben musste.

Ich finde ja, so eine richtig spannende Verspätung gehört dazu und ist ja auch eine schöne und nervenaufreibende Tradition bei der Abgabe von Diplom-Arbeiten........

Übrigens: Unsere Lesungen wurden vom Fernsehen aufgezeichnet! Jawohl! Ist das nicht klasse? Auf den Kameras stand SFD, was ich gern als Kürzel von "Südwest-Funk Deutschland" verstanden hätte. Tatsächlich steht SFD jedoch für Stadtfernsehen Dreieich...........

Wo man das empfangen kann?

Keine Ahnung. Vielleicht im Seniorenheim in Dreieich-Süd, oder in allen beiden Dreieicher Krankenhäusern oder in dem kleinen Kiosk wo sie den Kaffee aus Milch und Spüli machen. Na ja, ist ja auch was, oder? Groupies kriegte ich übrigens auch keine und das trotz Anwesenheit so mancher hübscher junger Damen, von denen sich einige seltsamerweise als Außerirdische maskiert hatten. So entpuppte sich ein Java aus dem "Krieg der Sterne" als reizende Blondine. Ich jedenfalls sah mal wieder meine Vermutung bestätigt, dass ich sogar die Beweggründe einer auf Silizium basierenden Lebensform, die drei Milliarden Jahre älter und weiser ist als ich besser verstehen würde, als jede menschliche Frau.............

Wie auch immer. Für mich war dieser Con und die Lesung ein großer Spaß und für weitere Lesungen, auch auf dem BuCon stehe ich immer wieder gern zur Verfügung.

Bis bald!

 

Erstveröffentlichung auf www.sublevel12.de
übernommen mit freundlicher Genehmigung von Thorsten Küper

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