Der Fanzine-Kurier

eine Besprechung von Gabi Scharf

Seit fast schon zwei Jahrzehnten gibt es den Fanzine-Kurier, der sich ausschließlich der Besprechung von Fanzines widmet. Anfänglich noch als Printausgabe gestartet, gibt es ihn seit geraumer Weile für Interessierte auch kostenlos im Internet unter www.fanzine-kurier.de zu lesen. Hauptthema des Kuriers sind dabei, wie schon angedeutet - Kritiken.

Ich stehe Kritiken immer sehr offen gegenüber, denn obwohl sie so mancher Autor verfluchen mag, sie machen Sinn. Zum einen den, Veröffentlichungen bekannt zu machen und zum anderen, einem Autor konstruktive Kritik zu geben. Natürlich können Kritiken nie objektiv sein, denn auch ein Kritiker ist ein Mensch mit Vorlieben und Abneigungen, die aus seinem Lebenstil, seiner Bildung und seinem Umfeld resultieren. Hilfreich kann er einem Autor unter die Arme greifen, in einem Autor Wiederspruchsgeist wecken (nützlich doch die Diskussionen um eigene Werke) oder aber er kann ihn verzweifeln lassen und ihn letztlich zur Aufgabe drängen. Alles ist möglich.

Armin Möhle, Herausgeber, hat meiner Meinung nach eines: Mut.
Ungeheuren Mut, um genauer zu sein. In der Geschichte des Fanzine-Kurier schreibt er:

[Zitat]
"Mich störte es, daß in den (größeren) Fanzines durchweg ausführliche Buchbesprechungen erschienen, fannische Publikationen jedoch stiefmütterlich behandelt wurden. Das ist auch noch heute meine Intention: Fanzines das Ausmaß an Beachtung zukommen zu lassen, das ansonsten nur professionelle Produkte erfahren."
[Zitat Ende]

Dieser eine Satz hat mich so beeindruckt, dass ich Leser des Fanzine Kurier wurde - praktischerweise zog ich das Internet dabei vor. Ich las erst sporadisch und um mir eine etwas genauere Sichtweise zu vermitteln dann von Ausgabe FK 80 (Oktober 1997) - FK 108 (September 2002) so gut wie alles. Was dabei geblieben ist, hat mich dazu veranlaßt diese Meinung zu schreiben, denn zum Schluß blieb bei mir ein großer Zwiespalt zwischen vorgenommener Intention und das, was bei mir als Leser und Interessent von Fanzines davon ankam.

Ich muß dabei auch die neueren Kritiken von den älteren trennen, denn diese sprechen in erst kürzerer Zeit eher an. Dazu später mehr im Fazit.


Balanceakt: Fanfiction

Fanfiction, also Geschichten über Serien, Filme, Buchreihen von Fans für Fans geschrieben, ist m.E. nach sehr schwer zu bewerten. Entstanden ist diese geliebte Tätigkeit von Fans eben aus der Verehrung für so manchen Serien und deren Helden.
Die einzigen Kritikpunkte, die man bei Fanfiction anbringen könnte, sind zum einen, dass der Fan völlig am Charakter vorbeigeschrieben hat und dieser dann nicht mehr wiederzuerkennen ist und zum anderen, dass der Fan Orte und Zeiten, die wichtig in einer Serie sind völlig außer acht läßt. Zum Beispiel spielt dann Star Trek nicht mehr im 23. Jahrhundert sondern in der Urzeit und das ohne Zeitreise.
Wer also Fanfiction kritisiert, sollte dies beachten und was noch viel wichtiger ist: die Serie kennen. Das läßt leider der Fanzine Kurier so manches Mal außer acht. Eine Kritik, die sich darauf bezieht, dass ein Leser, der die Serie nicht kennt, mit der Geschichte nichts anfangen kann - ist, um es deutlich zu sagen, völlig sinnnlos. Und Fans, die über ihre liebgewordenen Helden schreiben, werden solche Kritik sicher auch nicht beachten.


Warum regnet es?

Jetzt mag sich mancher denken, wieso schreibe ich diese Frage. Ist es nicht so, dass Gegebenheiten, die von einem Autor festgelegt sind, auch vom Leser so angenommen werden? Zum Beispiel, dass es eben in einer Geschichte pausenlos regnet.
Der Vergleich mag ein wenig simpel erscheinen, aber er ist am besten geeignet, zu zeigen, was m.E. nach in einer Kritik nichts zu suchen hat.
Ich könnte auch schreiben: Warum ist dieser Berg dort oder warum gibt es Mittelerde? Warum erklärt Tolkien nicht, warum es nun ausgerechnet Mittelerde sein muß und nicht etwas anderes? Diese Fragen erscheinen weit hergeholt, aber in den Kritiken spielen sie durchaus manchmal eine Rolle.
Aufgefallen ist mir dabei, dass es gute Kritiken waren, die eine Geschichte oder ein Fanzine damit auch empfehlen. Man erwartet dann ein Fazit wie "empfehlenswert" oder aber auch "absolut lesenswert". Doch es werden in so manchem Schlußsatz Gegebenheiten kritisiert.
Überspitzt gesagt und mit dem simplen Vergleich: Die Geschichte ist gut, nur ist zu bemängeln, dass der Autor nicht erklärt hat, warum es da die ganze Zeit geregnet hat. Mit nur einem Schlußsatz wird eine gute Kritik zerstört.


Perspektiven

Wenn ich jetzt schreibe, dass gerade bei Kritiken im Fandom die Perspektiven zurechtgerückt werden sollten - werde ich mir sicher Feinde machen.
Ich wag dennoch einen Versuch, denn letztendlich kann man nicht ein Drei-Gänge-Menü im Nobelrestaurant mit einer leckeren Hausmanskost vergleichen. Das eine kann genauso gut schmecken wie das andere, wenn man sich des Unterschieds bewußt ist.
Genauso sollte man mit Kritiken verfahren, vor allen Dingen, wenn man das Vorhaben hat, auf Fan- oder Clubzines als Alternative oder aber auch als Abwechslung aufmerksam zu machen.
Erwartungen an literarische Größe haben da meiner Meinung nach nichts zu suchen, wobei ich an dieser Stelle auch darauf hinweise, dass es Autoren gibt, die angefangen haben mit Veröffentlichungen in Fanzines und die jetzt nach großen Anstrengungen ihre Werke in Verlagen sehen können.
Erwartungen, die nicht erfüllt werden können, machen schlechte Kritiken. Manche dieser Kritiken erscheinen mir äußerst ungerecht jungen Autoren gegenüber. Noch schlimmer wird es, wenn man genau merkt, dass der Kritiker das Genre oder das Thema schlicht nicht mag. Warum - so bleibt bei mir als Leser dieser Kritiken dann die große Frage - macht der Kritiker sich dann die Mühe, es zu rezensieren?
Einer der gößten Kritiker unserer Zeit, M. Reich-Ranicki, sagte einmal sinngemäß über den Boom von JKR's Harry Potter, dass er weiß, dass Kinder es lieben und dass die Bücher sehr populär sind, er jedoch solche nicht liest und sie deshalb auch nicht bewertet. Das ist ehrlich und zeugt von Respekt.


Fazit

Wie ich schon anfangs schrieb, sind in jüngerer Zeit die Kritiken im Fanzine-Kurier besser geworden. Solche Verirrungen, wie ich sie ansatzweise hier beschrieben habe, kommen seltener vor. Doch als Leser muß ich auch sagen, dass ich so gut wie nicht animiert werde, Fan- bzw. Clubzines zu kaufen.

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