"Die Regeln des Verhaltens"

von Peter Horn

Macondo, 2002.

Peter Horn erzählt in seinem Buch "Die Regeln des Verhaltens" sieben Kurzgeschichten, die sich auf verschiedenen Weisen Außenseitern und Grenzgängern widmen.
Und obschon die Geschichten im Band abgeschlossene Erzählungen sind verbindet die meisten ein roter Faden, ein Grundthema: die Suche nach Sinn, nach Zärtlichkeit und Liebe in einer Welt, die den innerlich gepeinigten Helden der Geschichten scheinbar kein Glück gönnt.
Der Großteil der Geschichten widmet sich dabei Jugendlichen, die auf der Suche nach sich selbst und der Rolle in der Gesellschaft sind, dabei ein ums andere Mal an den eigenen Träumen scheitern und am Ende vor den Trümmern der Realität stehen.

Die Schilderungen der Figuren sind dabei sehr eindringlich geraten, ohne Beschönigungen oder Außlassungen werden die persönlichen Tragödien bis in den letzten Winkel erleuchtet. Sei es, daß man die schmerzliche Scham des Schülers Daniel miterlebt, der mit gezielter Boshaftigkeit auf einer Party erniedrigt wird, man genauso voller Entsetzen lesen muß wie der gleiche Junge gezielt den geliebten Wellensittich des Großvaters umbringt oder eine Lehrerin des Drogenverkaufs bezichtigt, um die Lüge, die ihm aufgebürdet wurde, weiterzugeben. Auch die Sehnsucht nach Liebe in der Geschichte um die Schülerin Julia konkurriert mit dem Grauen, das folgt, wenn man liest, wie das Mädchen aus Liebe zu einem Erzieher im Jugendheim zusieht wie er bosnische Kriegsflüchtline sexuell mißbrauchen und quälen läßt und sich in dieses grausame Treiben hineinziehen läßt. Und so leben alle Geschichten im Band von der Spannung zwischen dem Mitleid und Entsetzen, das der Leser für die Figuren empfindet.

"Die Regeln des Verhaltens" ist gewiß keine leichte Lektüre, nichts für zwischendurch. Die persönlichen Tragödien in den Geschichten verlangen Zeit und Aufmerksamkeit. Dafür erhält der Leser exzellent beobachtete Studien von Menschen, die wie jeder von uns nach etwas Geborgenheit und Glück suchen, aber letztlich an der Umwelt und eigenen Schwächen scheitern.

[geschrieben von Thomas]

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