"Timeline"

von Michael Crichton

Michael Chrichton ist sicherlich allen bekannt. Der enorm erfolgreiche amerikanische Schriftsteller, Drehbuchautor und Regisseur ist nicht zuletzt mit "Jurassic Park" einer der größten Coups der 90er Jahre gelungen. Wenn Crichton ein Buch schreibt, ist die Verfilmung als Hollywoodstreifen schon inklusive - bei dem kommerziellen Erfolg der Filme, die auf seinen Büchern basieren, eine feste Einnahmequelle für die Studios.

"Timeline" ist nun Crichtons aktuelles Werk. Das Buch nimmt sich eines der beliebtesten SF-Themas an: Zeitreisen. Crichton hat dabei das Talent, Wissenschaft und Fiktion zu einer recht glaubwürdigen Melange zu verbinden. Der Mechanismus der Zeitreise bei Chrichton an sich ist zwar nicht revolutionär, aber das Konzept dahinter ist originell und man kann sich zumindest ausmalen, daß so etwas in geheimen Regierungslabors in den USA erforscht wird. Obwohl es natürlich pure Fiktion ist.

Doch leider schafft es Timeline nicht, originell zu bleiben.
Das Buch handelt von einer Forschungsgruppe, die in Frankreich Ausgrabungen macht und dabei eine Burg aus dem Mittelalter erforscht. Sponsor des Ganzen ist ein reicher Computermagnat aus den USA, das Äquivalent zu Bill Gates im Buch. Dieser hat Pläne, so eine Art mittelalterliches Vergnügungsland aufzubauen. Nebenbei hat er auch noch eine Zeitmaschine entwickelt. Was nun folgt ist zwar recht nett geschrieben aber leider fast durchweg ein Fest der Klischees.

Kurz zur Handlung: der leitender Professor der Forschungsgruppe macht eine Reise in die Vergangenheit und kehrt nicht zurück. Seine zurückgebliebenen Teammitglieder werden informiert und man entschließt sich, ein Rettungsteam zurück in die Vergangenheit zu schicken. Ins mittelalterliche Frankreich.

Dort angekommen gilt es, den Professor zu finden und rechtzeitig zurück ins Zielgebiet der Zeitmaschine zu gelangen, um zurück in die Gegenwart transportiert zu werden. Natürlich gibt es aber einen verrückt gewordenen ehemaligen Zeitreisenden, der als Test-Chrononaut ein paar Zeitreisen zu viel unternommen hat, was ihm nicht bekommen ist. Er ist ebenfalls im mittelalterlichen Frankreich und bemerkt natürlich recht schnell, daß ein Zeitreiseteam gekommen ist. Er will die Gelegenheit nutzen, um selbst wieder in die Gegenwart zurückzukehren.

Was folgt sind die üblichen Kampfszenen, Verfolgungsjagden und Abenteuerszenen - etwa so, wie man sie in der üblichen Hollywoodware im Kino sehen kann. Am Ende wird der Professor natürlich gerettet, ein paar nicht so wichtige Nebencharaktere sterben, der Böse erreicht sein Ziel natürlich nicht und am Ende bleibt ein Mitglied des Teams in der Vergangenheit zurück - natürlich heiratet er und bekommt Kinder...

Man bekommt das Gefühl beim Lesen nicht los, daß Chrichton bei seinem Buch immer die Verfilmbarkeit im Auge behält, so wirkt Timeline mehr wie ein etwas ausführlicheres Drehbuch als ein voll ausgewachsener Roman. Leider nutzt Crichton auch nicht in dem Umfang die Möglichkeit, das Leben im Mittelalter detailliert zu beschreiben. So dient die Szenerie mehr als Kulisse, wird aber nicht entsprechend gewürdigt oder behandelt.

Aber immerhin ist das ganze so geschrieben, daß man es gut lesen kann. Nette Unterhaltung für zwischendurch, wenn man mal entspannen möchte. Wer jedoch interessante Charaktere oder gar eine clevere Handlung erwartet, wird enttäuscht sein. Crichton liefert routinierte Ware ab, die gewiß massenkompatibel ist und als Film mit netten Special FX aus dem Computer und Actionszenen ein Erfolg werden wird. Als Buch hingegen ist "Timeline" nichts weiter als eine seichte Abenteuergeschichte, die die Klischees nicht meidet sondern sorgsam jedes Klischee gerne und ausgiebig nutzt. So wirkt vieles wie schon einmal gelesen, oder gehört oder gesehen. Gerade auf dem Gebiet der Zeitreisen gibt es viel originellere und spannendere Konzepte in der SF. Crichton hat bei dem Thema sehr viel verschenkt. Und die Wahl des Mittelalters als Zeitreiseziel ist an sich schon wenig orignell, dann hat Crichton aber noch nicht einmal die Möglichkeiten genutzt, dem Leser diese Zeit wirklich näher zu bringen. Als Hardcover würde ich Timeline nicht kaufen - man sollte warten, bis es als Taschenbuch erscheint. Knapp 40 DM sind für dieses Buch nicht gerechtfertigt.

[geschrieben von Thomas]

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