Gesang mitten im Feuer

von Anneliese Wipperling

Gesang mitten im FeuerDas Volk von Heyla steht vor dem Untergang: Gottgleiche Energiewesen aus einem anderen Universum halten den Planeten mit ihrem Heer besetzt. Die Städte liegen in Trümmern. Die telepathisch begabte Bevölkerung wird für grau-samste Experimente missbraucht. Zivilisten harren monatelang in stickigen Höhlen aus, viele sind dem Wahnsinn nahe ...

Trotzdem können die Eroberer ihren Sieg nicht ungestört genießen: Die Ah'Maral, archaische Wüstenkrieger mit geheimnisvollen mentalen Gaben, leisten erbitterten Widerstand. Legenden vom "lautlosen Tod" und dem "Schrumpfen in der Kälte" versetzen die feindlichen Soldaten in Angst und Schrecken ...

Aber der Feind lässt sich nicht aufhalten. Nicht nur Heyla - auch andere friedliche Welten werden von der fremden Macht überrollt. Der Zorn der "Götter" richtet sich sogar gegen ihre eigenen Verbündeten, die faschistischen Taluri.

Mitten im Krieg findet der Ah'Maral-Anführer Madras seine große Liebe: den jungen Taluri-Dissidenten Rinar, der in einem Gefangenenlager unvorstellbares Leid erdulden musste. Rinar, ein Musikstudent, zeigt der völlig demoralisierten heylanischen Bevölkerung, wie wichtig Hoffnung, Liebe, Gesang und Tanz auch in den schlimmsten Zeiten sind.

Das Blatt wendet sich zugunsten Heylas, als die Ah'Maral mächtige neue Verbündete gewinnen: die "Schutzgeister" des Planeten Nakkar. Doch bald entstehen Zweifel an dieser Allianz - denn zwischen den "Schutzgeistern" und dem Feind existiert eine unselige Verbindung ...


Farbcover: Adriana Wipperling
Illustrationen: Adriana und Anneliese Wipperling
Seitenzahl: 224 Seiten DIN A4
Preis: 13,40 EURO
Altersbeschränkung: ab 18 Jahre (Ausweiskopie beifügen!)
Bezug: Star Trek Forum

Kontakt:
Uschi Stockmann
Otto-Heinrichs-Straße 6
38442 Wolfsburg
uschi@st-forum.de

Bei Storyline von der Autorin erschienen: "Die Parias der karminroten Stadt"


Leseproben:

Der Krieger

Es war falsch! Wir hätten uns nicht einfach zu den talurischen Gefangenen transferieren lassen dürfen! Wir hätten daran denken müssen, was sie alles durchgemacht hatten, wie verängstigt sie waren ... und dass sie nicht genug Informationen hatten, um ihre Situation realistisch beurteilen zu können. Als wir in einer geräumigen Höhle direkt vor ihren Augen materialisierten, spürten wir sofort, welche Panik wir bei ihnen auslösten. Wir achteten später in ähnlichen Situationen sehr darauf, uns erst zu reinigen, die Kleidung zu wechseln und uns von den mentalen Spuren des Kampfes zu befreien, bevor wir Fremden gegenübertraten.
Wir versuchten unseren Fehler wieder gut zu machen und kümmerten uns sofort um unsere Gäste. Ich musste gar keine Befehle geben, die Krieger verteilten sich ... sprachen zu den Fremden ... berührten sie behutsam und aufmunternd. Und ich beugte mich über eine zierliche Gestalt, die vollständig unter einer Decke verborgen lag. Ich spürte, dass sie entsetzliche Angst hatte ... und dass sie uns zutraute, dass wir sie quälen, vergewaltigen und töten würden. Halb gekränkt, halb mitleidig zog ich die Decke weg. Darunter lag ein magerer, sehr junger Mann mit fest geschlossenen Augen. Seine blaugraue Haut, das nachtblaue Haar und die matten, kaum sichtbaren Ornamente auf Stirn, Nase und Wangen bildeten eine vollendete Harmonie. Ich bewunderte andächtig den sanften Schwung seiner langen, dunkelblauen Wimpern und die großzügig geschnittene Mundpartie ...
"Wir haben nicht die Absicht, Sie zu kränken", sagte ich behutsam. "Bitte entspannen Sie sich, sonst ..." Ein vages Flimmern huschte über das anziehende Gesicht, der Herzschlag des Jungen wurde unregelmäßig. Er keuchte leise. "Wir wissen, dass Sie kein Feind sind", setzte ich leise hinzu. "Es ist unvernünftig, uns zu fürchten!" Er verstand mich nicht. Ich konnte immer noch keinen klaren Gedanken von ihm empfangen ... nur eine diffuse Todesangst, diesmal ausgelöst durch das Versagen des eigenen Körpers.
Ein wenig hilflos streichelte ich die die langen verfilzten Haare und die weiche Haut auf Stirn, Nase und Jochbögen, suchte nach seinen Energieportalen, berührte behutsam die gewölbten Augenlider und den sanften Mund. Jetzt endlich sah er mich an. Er hatte große, hellgraue Augen, die erst traurig und fast ein wenig kindlich wirkten und mich dann fasziniert musterten. Eigentlich hätte ich ärgerlich werden müssen, weil mich wieder einmal jemand auf mein Aussehen reduzierte, aber das wäre sinnlos gewesen. Mein Gegenüber hätte es nicht verkraftet, wenn ich meinem Unbehagen Ausdruck verliehen hätte. Sein Zustand war so fragil, dass ein einziges hartes Wort ...
"Wir sind Freunde", erklärte ich ihm. "Wir wissen, dass ihr keine Soldaten seid."
Es gab schließlich in allen hoch entwickelten Gesellschaften Translatorimplantate. Aber ich hatte nicht genug Zeit, dieses Rätsel zu lösen. Ich sah dem Jungen in die Augen, hielt seinen Geist fest und ließ unauffällig meine mentale Energie zu ihm herüberfließen. Ich verstärkte seine Bewunderung für meine eher unwichtige äußere Schönheit ... fand den Wunsch, vertrauen zu können ... unterstrich mein Wohlwollen durch ein paar zärtliche Liebkosungen ... erntete Zuneigung und verwandelte sie in hingebungsvolle Liebe ... plötzlich flimmerten hellblaue und rote Muster über Gesicht und Hals, waberten unter die schmutzige Uniform - einige Flecken auf Wangen und Stirn begannen sogar, wie geschmolzenes Silber zu funkeln. So etwas Schönes hatte ich noch nie gesehen! Erst jetzt wurde mir klar, warum die Taluri normalerweise ihre Gesichter und ihre Körper verhüllen. Ihre Haut ist ein Bildschirm, auf den sie ihre Emotionen projizieren - und wer möchte schon, dass man ihm in jeder Lebenslage ansieht, ob er liebt, sich fürchtet oder traurig ist. Niemand musste mir erklären, dass der Taluri anfing, sich wohlzufühlen und Leidenschaft für mich zu empfinden. Die Farben und Muster waren wie eine universelle Sprache ... ein unverschlüsselter Datenstrom.
Mir war nicht ganz wohl bei dem, was ich tat. Ich zweifelte daran, dass es ethisch vertretbar war, einen Fremden so ohne Wenn und Aber an mich zu binden. Aber dann spürte ich hinter dem Leuchten seiner Haut den Frieden seines Umahs ... sah sein klares, blaues Nas´haa aufleuchten ... es war sehr hell, zart strukturiert ... wunderschön.


Ein Eroberer

Der Riese und der zierliche Arzt kommen mit einem drahtigen Kerl mit tiefschwarzer Haut und kalten hellen Augen zurück. "Danke Piri", sagt der Neuankömmling zu dem Riesen mit der Adlernase. "Wir kommen jetzt allein zurecht ... ich weiß doch, dass das, was jetzt kommt, nichts für dich ist." Der große Mann wirft mir einen beinahe mitleidigen Blick zu und verschwindet durch die Tür.
"Aron, könnte ich vielleicht auch ..." erkundigt sich Eyro vorsichtig. "Nein", antwortet dieser kühl. "Ich kenne mich mit der Physiologie von Vögeln nicht aus. Jemand muss darauf achten, dass er nicht krepiert, während ich seinen Geist umgrabe."
Ich kämpfe immer noch mit dem Aufruhr in meinen Eingeweiden und registriere beinahe erleichtert, dass Aron mir etwas, was mein Problem gegenstandslos macht, einführt. Meine Bauchschmerzen lassen abrupt nach, seit die Produkte meiner Panik frei abfließen können. Der Feind ist überaus effizient. Ich weiß, dass auch unsere Labortaluris - vor allem nach längerem Gebrauch - reichlich unkontrolliert Schmutz absondern. Unsere Medizintechniker sind bisher nicht auf die praktische Idee gekommen, das einfach abzuleiten. Die unteren Chargen müssen halt die Wannen der Stapeltabletts putzen ... und die Schöpfer interessiert sowieso nur das Ergebnis. Götter geben sich nun einmal nicht mit simplen Details ab. Schade, dass auch diese nette Rationalisierungsmöglichkeit meinem Nachfolger verborgen bleibt! Nichts von dem, was ich hier sehe und erfahre, wird dem Triumphat nützen. Mein Tod wird völlig sinnlos sein ...
"So, du Aasgeier", sagt Aron ganz sachlich zu mir. "Man hat mich beauftragt, dich auszuquetschen. Ich werde keine Zeit damit verschwenden, darauf zu warten, dass du irgendwann kooperierst. Wir nehmen gleich Zieramol, dann hast du es bald hinter dir."
Ein Medispray zischt an meinem Hals. Mir wird seltsam zumute: Mein Geist verwandelt sich in eine Art Pudding, durch den sich meine Gedanken und Erinnerungen wie blinde Bodentiere graben. Der harte Gedankentechniker legt seine Fingerspitzen auf die berüchtigten Energieportale im Gesicht. "Dein Umah zu meinem Umah ... öffne dich!"
Es ist nicht das, was ich mir darunter immer vorgestellt habe. Aron und ich befinden uns auf einmal mitten in dem wabbeligen Zeug, das einmal der disziplinierte geordnete Geist eines ziemlich ranghohen Djindjii war. "Gib dem albernen Vogel noch eine doppelte Dosis Zieramol!" Ich denke zumindest, dass Aron etwas in der Art murmelt, denn der Brei, in dem wir stecken, dämpft jedes Geräusch. Ich höre gerade noch, wie das Medikament erneut in meine Adern zischt. Auf einmal wird alles dünnflüssig und klar wie Wasser. Mein Geist ist jetzt ein rauschender Bach, der um unsere Hüften tost. Wie Treibgut reißt er meine Erinnerungen mit sich ... spült sie direkt zu Aron, der sie nacheinander herausfischt und interessiert betrachtet.
"Es muss doch eine Möglichkeit geben, wenigstens die wichtigsten Geheimnisse zu retten!" denke ich verzweifelt und strecke die rechte Flügelklaue nach einem Datenträger mit Angriffsplänen und Standorten wichtiger Sammelpunkte und Einrichtungen des Triumphats aus.
"Vergiss es!" knurrt der Gedankentechniker, ohne von seiner Arbeit aufzublicken.
Im gleichen Augenblick fallen meine Flügelstummel ab und werden von der Strömung weggetragen. Ich versuche, ihnen zu folgen, sie mit dem Schnabel wieder einzufangen ... und stelle fest, dass meine Füße mit den Krallen am Grund des Baches festgewachsen sind.
"Hör auf, meine Arbeit zu sabotieren!" warnt mich der Gedankentechniker kalt, "sonst lasse ich von dir nur Augen, Ohren und Schnabel übrig ... mehr brauche ich nämlich nicht."
Ich kann offenbar nichts mehr für meine Götter tun ... gar nichts ...

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